Johann Wolfgang von
Goethe (1749 1832) |
Goethe hegte neben der Literatur, auch ein lebhaftes Interesse
für die Naturwissenschaften. Seine Farbenlehre war für
ihn selbst die wichtigste Arbeit seines Lebens. Er widmete ihr
die meiste Zeit und die meiste Energie.
Sein Buch Die Farbenlehre" ist
in drei Teile gegliedert, in den didaktischen Teil, in welchem
er sich mit dem Entwurf einer Farbenlehre befasst, in den polemischen
Teil, worin er die Theorie Isaac Newtons enthüllt und in
den dritten Teil, der Materialien zur Geschichte der Farbenlehre
beinhaltet.
Die sechste Abteilung m ersten didaktischen Teil befasst sich
mit der sinnlich-sittlichen Wirkung der Farben.
Goethe beeinflusste besonders mit diesem Teil seiner Arbeit
die Farbenlehre nachhaltig. Diese Aussagen begründeten im
wesentlichen die Wissenschaft, die sich mit der Wirkung der Farben
auseinandersetzt, die Farbenpsychologie.
Eine einheitliche Farbordnung bzw. ein Farbsystem entwickelte
Goethe nicht.
Für Goethe gibt es die sechs bunten Grundfarben, Purpur,
Rotgelb, Gelb, Grün, Blau und Rotblau mit ihren Übergängen,
die zu einem kontinuierlichen Farbkreis führen.
Licht und Schatten verändern die Farben zum Weißen
hin bzw. zum Schwarzen hin, gebrochen, trübe Farben entstehen
durch Verschmutzung.
Obwohl Goethe mit Philipp Otto Runge in Verbindung stand,
weist die Farbordnung Goethes keine Dreidimensionalität
auf, d.h. einen Farbenraum, in welchem jede Farbe ihren logischen
Platz innerhalb des Farbenraumes erhält.
Harmonie bedeutet für Goethe die Anwesenheit aller Farben:
Zitat:
Satz 808 Wird nun die Farbtotalität von außen
dem Auge als Objekt gebracht, so ist sie ihm erfreulich, weil
ihm die Summe seiner eigenen Tätigkeit als Realität
entgegenkommt. Es sei also von diesen harmonischen Zusammenstellungen
die Rede"
Goethe zog aus diesem Phänomen der Nachbildfarben den
Schluss, dass nur dann eine harmonische Farbgestaltung erzielt
werden kann, wenn, wie wir sie heute nennen, Gegenfarben bzw.
Komplementärfarben verwendet werden.
Zitat:
Satz 810 Gelb fordert Rotblau
Blau fordert Rotgelb
Purpur fordert Grün
Und umgekehrt.
Als charakteristische Zusammenstellungen bezeichnet er die
Farbenpaare Gelb-Blau, Gelb-Purpur, Blau-Purpur und Gelbrot-Blaurot,
sie stellen in seinem Farbkreis Drittelsprünge dar.
Trotzdem fehlt ihnen die vollendete Harmonie, da sie nicht
die Gesamtheit der Farben darstellen.
Zitat:
Satz 817 Wir nennen diese Zusammenstellungen charakteristisch,
weil sie sämtlich etwas Bedeutendes haben, das sich uns
mit einem gewissen Ausdruck aufdringt, aber uns nicht befriedigt,
indem jedes Charakteristische nur dadurch entsteht, dass es als
ein Teil aus einem Ganzen heraustritt, mit welchem es ein Verhältnis
hat, ohne sich darin aufzulösen."
Charakterlose Zusammenstellungen bestehen für Goethe
aus den benachbarten Farben des Farbenkreises.
Er räumt ihnen jedoch eine minimale Bedeutung ein:
Zitat:
Satz 827 Man kann diese Zusammenstellungen wohl
die charakterlosen nennen, indem sie zu nahe aneinander liegen,
als das ihr Eindruck bedeutsam werden könnte. Doch behaupten
die meisten immer noch ein gewisses Recht, da sie ein Fortschreiten
andeuten, dessen Verhältnis aber kaum fühlbar werden
kann."
Bei Goethes Werk Die Farbenlehre" handelt es sich
nicht um eine Farbenlehre im heutigen Sinne, sondern um eine
Materialsammlung und eine Harmonielehre der Farben.
Vielleicht sollte man sich etwas mehr mit den Sätzen
900 und 901 befassen, die den Leser und damit auch den Künstler
auffordern über das Gesagte nachzudenken und es zu überprüfen.
Zitat:
Satz 900 Man fand bisher bei allen Malern eine
Furcht, ja eine entschiedene Abneigung gegen alle theoretischen
Betrachtungen über die Farbe und was zu ihr gehört;
welches jedoch nicht übel zu deuten war. Denn das bisher
sogenannte Theoretische war grundlos, schwankend und auf Empirie
hindeutend. Wir wünschen, dass unsere Bemühungen diese
Furcht einigermaßen vermindern und den Künstler anreizen
mögen, die aufgestellten Grundsätze praktisch zu prüfen
und zu beleben." und
Satz 901 denn ohne Übersicht des Ganzen wird
der letzte Zweck nicht erreicht. Von allem dem, was wir bisher
vorgetragen, durchdringe sich der Künstler. Nur durch die
Einstimmung des Lichtes und Schattens, der Haltung, der wahren
und charakteristischen Farbgebung kann das Gemälde von der
Seite, von der wir es gegenwärtig betrachten, als vollendet
erscheinen."
Alle Zitate:
Goethe, Johann Wolfgang von
Die Farbenlehre
Münchner Ausgabe
Hrsg. Peter Schmidt
Carl Hanser Verlag
München 1989
Ein Beitrag von Designerin Loralie
Kuntner
Farbe.com
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