Ein Bild sagt mehr als tausend Worte -
nach dieser Regel wäre ein Farbbild mit
natürlichen Farben sogar noch mehr wert, zumindest wenn
man die menschliche
Gedächtnisleistung für Bilder als Maß nimmt.
In ihrer in der aktuellen Ausgabe des Journals of Experimental
Psychology: Learning, Memory and Cognition (Vol. 28(3), 2002)
publizierten Arbeit zeigen Felix Wichmann vom Max-Planck-Institut
für biologische Kybernetik in Tübingen und Karl Gegenfurtner,
ehemals ebenfalls am MPI, inzwischen Professor an der Justus-Liebig-Universität
in Gießen, dass das menschliche Gedächtnis für
Bilder mit natürlichen Szenen besser ist, wenn diese Bilder
farbig sind und nicht schwarz-weiß. Dabei ergibt sich dieser
Gedächtnisvorteil nur, wenn die Bilder in ihren natürlichen
Farben gezeigt werden.
Aus vorangegangenen neurophysiologischen Arbeiten zur visuellen
Wahrnehmung war schon seit langem bekannt, dass im Gehirn von
Primaten Nervenzellen des visuellen Kortex auf Licht verschiedener
Wellenlängen unterschiedlich reagieren. Psychophysische
Experimente zur Farbwahrnehmung haben sogar schon Newton und
Goethe durchgeführt.
Doch trotz der Vielzahl dieser Experimente und Befunde über
das feine farbliche
Unterscheidungsvermögen des Menschen oder die Farbkonstanz
unter verschiedenen Beleuchtungen waren Ergebnisse rar, die eine
entsprechende Rolle von Farbe bei der visuellen Kognition, also
dem Erkennen von Objekten, nahe legten: Farbe ist zwar hübsch
anzusehen, scheint aber für die Objekterkennung als solches
nicht wichtig zu sein. In einer Serie von fünf Experimenten
haben die Tübinger Wissenschaftler nun gezeigt, dass Farbe
einen nachweisbaren Einfluss auf das menschliche Gedächtnis
für natürliche Szenen hat.
Im ersten Experiment bekamen die Versuchspersonen Bilder verschiedener
Kategorien präsentiert: grüne Wiesen und Wälder
aus der Umgebung Tübingens, Blumen, eher karge Landschaften
aus Utah sowie urbane Szenerien, die Autos, Häuser und auch
Menschen enthielten. Die Bilder waren entweder farbig oder schwarz-weiß,
wie Abbildungen 1a und 1b illustrieren. An die farbigen Bilder
konnten sich die Versuchspersonen jedoch deutlich besser erinnern.
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Abb. 1a: Die farbigen
Testbilder
Foto:
Max-Planck-Institut für
Biologische Kybernetik |
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Abb. 1b: Die
schwarz-weiß-Testbilder
Foto:
Max-Planck-Institut für
Biologische Kybernetik |
Um auszuschließen, dass dieser
Gedächtnisvorteil für farbige Bilder auf Kontrast-
oder Aufmerksamkeitsunterschieden beruht ("farbige Bilder
sind hübscher, also schauen Probanden genauer hin")
mussten die Wissenschaftler ihr Experiment in verschiedenen Variationen
durchführen.
In einem weiteren Experiment wurden schließlich so genannte
"Falschfarben-Bilder" gezeigt. Diese Bilder, wie z.B.
das in Abbildung 2, besitzen an jedem Punkt dieselbe Helligkeit
wie Bilder in natürlichen Farben. Dabei zeigte sich, dass
sich der Gedächtnisvorteil für farbige Bilder lediglich
auf Bilder in natürlichen Farben beschränkt; Falschfarben-Bilder
behandelt unser Gehirn - zumindest in Bezug auf die Gedächtnisleistung
- genauso wie schwarz-weiße Bilder.
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Abb. 2:
Falschfarben-Bild
Foto:
Max-Planck-Institut für Biologische Kybernetik |
Weitere
Informationen erhalten Sie von:
Dr. Felix
A. Wichmann
Max-Planck-Institut
für Biologische Kybernetik
Tel: +49-7071-601554
Email: felix@tuebingen.mpg.de
Prof.
Karl R. Gegenfurtner
Justus-Liebig-Universität
Gießen
Tel: +49-641-9926100
Email: gegenfurtner@uni-giessen.de
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