Elementarbegriffe über
das Malen mit Ölfarbe Leon Engelen
Es gibt viele Weisen des Malens. Alle sind
gut bei richtiger Verwendung der Materialien. Die Weise, die
ich verwende, ist eine ziemlich einfache Technik. Sie kann schnell
und von jedem mit normaler Begabung angewandt werden, um schöne
Erfolge zu erreichen.
Es sollen mit möglichst wenig unterschiedlichen
Tuben Farbe möglichst viele Farben bekommen werden. Keine
einzige Farbe darf ungemischt auf das Tuch gesetzt werden. Ich
mische die Farbe in sehr kleinen Mengen, so daß fortwährend
neue Farbtöne entstehen. Diese Farben unterscheiden sich
immer, so daß ich in derselben Farbreihe Variationen bekomme.
Die Farbe wird inmitten der Palette gemischt.
Wenn ein anderer Farbton benötigt wird, soll der neue Ton
genau neben der schon eher gemischten Farbe angefertigt werden.
Ich mische dann langsam in Richtung der vorigen Mischung. Jedesmal,
wenn ich einen neuen Farbton mache, arbeite ich der bestehenden
Mischung zu. So bekomme ich eine reiche Palette mit vielen Farbtönen.
Wenn ein Tuch angesetzt wird, soll das
mit möglichst wenig Farbe getan werden. Wird die Farbe zu
dick aufgestrichen, kann keine zweite Schicht darüber angesetzt
werden, bevor die erste trocken ist und man kann nicht mehr weiterarbeiten.
Das Ansetzen geschieht mit einer
breiten, flachen Bürste von 3 bis 7 cm aus weißer
Seide oder aus Schweinsborste. Die Farbe wird nicht mit Medium
oder Terpentin verdünnt. Verdünnen tut man nur, wenn
man mit dünnen Pinseln 0 und 00 arbeitet. Die Farbe kann
dann als Tinte benutzt werden, z.B. um
Zweige, Gräschen oder Heu zu malen.
Das Tuch kann auch so bearbeitet (grundiert)
werden, daß die Öle, die die Farbe naß halten,
mehr oder weniger in die Grundschicht dringen. Das ermöglicht
es, sofort eine zweite Schicht aufzutragen, ohne daß sich
die Farbschichten mischen.
Um das Tuch richtig zu bearbeiten, sollten
Sie folgenderweise
handeln:
Sie benötigen unbearbeitetes Leinen
(am liebsten doppelt geweben), Hautleim (Fellenleim), Kreidepulver
und Wasser. Zuerst wird das Tuch locker auf dem schräg gemachten
Keilrahmen aufgespannt. Rechnen Sie damit, daß das Leinen
bei der Bearbeitung 10 % schrumpft. Die
großen Maße (ab 60 x 70) sollen also ziemlich locker
aufgespannt werden. Sobald das Tuch aufgespannt worden ist, erfolgt
die Grundierung in drei Stufen.
Erste Stufe:
Das Öl, das in der Farbe steckt, darf das Leinen nicht erreichen.
Dazu soll zuerst eine Deckschicht angebracht werden. Diese Schicht
besteht aus Leimwasser von 70 Gramm Leim pro Liter Wasser. Um
Leimwasser zu machen, lassen Sie die Leimkrümel/Leimkorne
eine Nacht in kaltem Wasser weich werden. Wenn es dann aufgewärmt
(nicht kochen lassen) und umgerührt wird, wird sich der
Leim einfach auflösen. Das Leimwasser wird mit einer breiten
Pinsel auf das Leinen angebracht.
Zweite Stufe:
Wenn die erste Schicht gut trocken ist, wird sie ganz leicht
geschmirgelt. Dem Leimwasser wird Kreidepulver hinzugefügt:
3/4 Liter Kreide zu einem Liter Wasser. Diese Mischung wird auf
die erste Schicht angebracht.
Dritte Stufe:
Wenn auch die zweite Schicht gut trocken ist, wieder leicht schmirgeln.
Einem Leimwasser, das nur 40 Gramm Leim pro Liter enthält,
fügen Sie Kreide zu. Einem Liter Leimwasser darf bestimmt
2 Liter Kreide hinzugefügt werden. So entsteht ein Brei,
der gerade fließend genug ist, um bequem angebracht zu
werden, und der trotzdem einige mm
Abdeckung gibt. Sobald diese dritte Schicht gut trocken ist,
kann sie geschmirgelt werden, zuerst mit grobem, nachher mit
feinem Schleifpapier. Um die unterschiedlichen Schichten anzufertigen
und aufzutragen, müssen die Mischungen aufgewärmt werden.
Sorgen Sie dafür, daß die Temperatur unter dem Siedepunkt
bleibt.
Die meisten Farbmarken bieten ihre Farben
in verschiedenen Qualitäten an, teure und weniger teure
Farben. Viele Maler meinen, sie sollten mit den teuersten Farben
arbeiten, um das beste Resultat zu erreichen. Nichts ist weniger
wahr; man soll die Farbe zu dem Zweck anwenden, wozu sie auch
dient. Teure Farbe enthält viel Pigment und wenig Füllstoff,
wie Kreide, Bienenwachs oder Kork. Diese Farbe hat eine große
Farbstärke und soll sehr dünn aufgetragen werden. Zum
Beispiel zum Satinieren oder um starke Farbtöne zu neutralisieren.
Viele wollen auch mal mit einem Palettenmesser arbeiten und schmieren
die Farbe dick auf das Tuch. Die teure Farbe wird mangels Füllstoffe
schnell bersten, aber die billigeren Qualitäten haben ausreichend
Körper, um die als Pasta aufgetragene Farbe in perfektem
Zustand zu behalten.
Man soll auch wissen, daß die Eigenschaften
mancher Farbstoffe eine falsche Behandlung nicht ertragen. So
verblaßt Zinkweiß nicht, aber es hat die Neigung
zu bersten. Titanweiß dagegen ist elastisch, aber vergelbt.
Titanweiß ist also mehr für die Unterschicht geeignet,
während Zinkweiß für die oberen Schichten sehr
geeignet ist. Selber verwende ich immer Cremserweiß, das
die guten Eigenschaften der zwei vorigen Farbstoffe in sich vereint.
Unter einer guten Firnisschicht bleibt es farbfest.
Meine Farbenpalette beschränkt sich auf die folgenden 15
Farben:
Sèvres blau
Ultramarin dunkel (blau)
Umbra gebrennt (braun)
Sienna gebrennt
Neapel gelb
Cadmium orange
Permanent grün
Weiß
Smaragdgrün
Sienne Erde
Indisch gelb
Cadmium rot dunkel
Violett
Schwarz
Kraplak oder karmin dunkel
Mit diesen Farbstoffen ist es möglich,
alle Farbtöne zu machen.
Zum Malen benutze ich wenig Pinsel oder Büsten. Es ist empfehlenswert,
von jeder Größe ein zweites Exemplar zu haben:
eins für die leichteren und eins für die dunkleren
Farben,
damit man sie nicht ständig reinigen muß. Selber arbeite
ich am liebsten mit flachen Bürsten von 3 und 7 cm, mit
einem Marder oder einer Imitation von 10 mm, mit einer 0 und
mit einem Schleifer (3 cm lange Haare, Nr.4).
Stell das Tuch immer waagerecht und senkrecht
und laß beim Malen in der Natur nie die Sonne auf das Tuch
scheinen. Malen soll man unter mittleren Umständen, denn
wenn ein Gemälde irgendwo in einem Haus hängt, ist
das Licht auch nicht ideal. Ein Gemälde soll gemacht werden
unter einer Beleuchtung, die weniger gut ist als die an der Stelle,
wo es
schließlich hängen wird.
Beim Malen einer Landschaft soll man darauf
achten, daß sich der Horizont nicht in der Mitte befindet,
sonder auf 1/3 oder 2/3 des Tuches. Falls aber auf dem Tuch hohe
Bäume oder nahegelegene Häuser stehen sollen, soll
der Horizont niedrig sein. Da er immer in
Augenhöhe liegt, würde - falls der Horizont hoch liegt
- ein Baum oder Haus kaum darüber hinausragen und des­halb
nur zwei oder drei Meter hoch sein. Ist die Luft dunkel, so soll
die Landschaft hell sein und umgekehrt. Dies macht man, um den
Kontrast zu bekommen,
der für die Echtheit und die Stärke des Ganzen notwendig
ist. Um Tiefe in einer Landschaft zu bekommen, soll alles, was
sich im Hintergrund befindet, nach Form und Farbe ungenau gemalt
werden. Der Vordergrund dagegen soll kontrastreich sein. Eine
Wiese im
Vordergrund kann unten gut dunkel gemalt werden, mit einer leichtgrünen
Partie darüber hinaus. Also: im Vordergrund wird viel, im
Hintergrund wenig Kontrast gebraucht.
Es ist sehr wichtig zu wissen, daß
sich eine Farbe ändert, dem Untergrund entsprechend, auf
dem sie gemalt worden ist. Orange ist ganz anders auf einem weißen
Untergrund als auf einem grünen. Grün auf rotem Untergrund
ist anders als auf einem weißen. Blau auf
Gelborange ergibt einen viel wärmeren Farbton als Blau auf
Weiß. Unter allem, was grün werden soll, wie Bäume
und Wiesen, male ich immer eine dunkelrote Schicht (einen Fond).
Den Fond von Backsteinen und Dachziegeln male ich dunkelgrün
und den des Himmels warm gelborange.
Mit einer grauen Farbe, aus Ultramarinblau,
Umbra und Weiß, kann vieles erreicht werden.
Wenn ein Gemälde etwas schwer wirkt, kann der Rand leicht
mit Grau, das trocken auf einer Bürste von 7 cm angebracht
wurde, bestrichen werden. Die Lichtpünktchen (Neapel gelb,
weiß oder orange), die dem Gemälde "Leben"
geben, male ich zuletzt. Indem man unter einem Lichtpünktchen
einen dunklen Strich malt, wird die Wirkung noch vergrößert.
Es ist wichtig, daß nicht alles völlig
in Einzelheiten ausgearbeitet wird. Wenn alle Backsteine in einer
Mauer in allen Einzelheiten ausgearbeitet werden, wird das Anschauen
schnell langweilig. Es ist besser, einige Steine deutlich zu
malen und andere nur einigermaßen anzudeuten. Der Zuschauer
kann das B!ild dann selber vervollständigen und er wird
meinen, daß er alle Backsteine sieht.
Der Maler darf nicht in die Versuchung
geraten, dasjenige, was er sieht, sofort aufs Tuch setzen zu
wollen. Er soll zuerst den Aufbau des Entwurfes studieren.
Die Arbeit an einem Gemälde teile
ich in drei Stufen ein:
Stufe 1
Aufsatz und Zeichnung. Falls der Aufsatz und die Zeichnung
nicht richtig sind, tauchen nachher Probleme auf, die man nicht
mehr beheben kann, ohne alles aufs neue zu malen. Darum soll
man darauf achten, daß alles an der richtigen Stelle steht
und daß die Komposition in Ordnung ist.
Stufe 2
Den Aufsatz verdeutlichen und vollenden. Die Zeichnung mit
einer Pinsel Nr.10 ergänzen, etwas mehr Licht anbringen
und die dunklen Teile aus­füllen, damit der Kontrast
vergrößert wird. Indem man immer hellere und dunklere
Farben malt, bekommt das Gemälde Form und kann man mit der
Vollendung anfangen.
Stufe 3
Die Vollendung ist von großer Bedeutung, da sie bestimmend
ist für dasjenige, was der Zuschauer endgültig sehen
wird. Im Gegensatz zum Aufsatz können hier noch immer Verbesserungen
angebracht werden, falls das Resultat nicht befriedigend wäre.
Ein großer Künstler hat mal
gesagt, er betrachte seine Werke, als ob sie von seinem schlimmsten
Feind gemalt worden seien. Das scheint mir jedoch übertrieben;
eine zu kritische Einstellung ist gleichermaßen abzuraten
wie eine zu wenig kritische Haltung. Statt endlos an einem Gemälde
zu arbeiten, versuche ich von meinen Fehlern zu lernen und sie
im nächsten Gemälde zu vermeiden.
Wie können Sie Ihr
Gemälde am besten beurteilen?
Ein guter Maßstab ist die Meinung
eines Außenstehenden, einer Person die in Sachen Malerei
ein Laie ist. Auch lohnt es sich, ein Gemälde mal auf den
Kopf zu stellen oder es im Spiegelbild zu betrachten. Wenn ich
lange an einem Gemälde arbeite, fange ich schon
mal mit etwas Neues an, so daß ich meine Arbeit nachher
mit frischen Augen betrachten kann.
Das Farbe Team
bedankt sich herzlichst bei
Leon Engelen, Engelen.com
für diesen Beitrag!