Farbmustersammlungen und Musterkarten vielerlei
Art spielen eine wichtige Rolle im geschäftlichen Alltag
aller farbgebenden Branchen der Industrie, weil sich eine gewünschte
oder zu liefernde Farbe kaum verbal und nur bedingt mit Zahlen
farbmetrisch definieren lässt. Die eleganteste Form, eine
Farbmustersammlung darzustellen, ist ein Farbenatlas, in welchem
die Muster so angeordnet sind, dass sich daraus ein ästhetisch
ansprechendes, ins Auge springendes" Ordnungsprinzip
erkennen lässt, was von einfachen kommerziellen Farbmustersammlungen
aber auch vom System" RAL 840 HR nicht unbedingt verlangt
wird.
1993 veröffentlichte RAL das in seinem Auftrag von L.
Gall entwickelten RAL Design System, einen Farbenatlas,
der den mit (Uni-) Lacken möglichen Farbenraum mit ca. 1700
übersichtlich angeordneten Farbmustern visualisiert. Das
Ordnungsprinzip des Atlas entspricht dem weltweit genormten farbmetrischen
ClELAB-System* , das in der gesamten farbgebenden
Industrie als Bewertungssystem für Farbabstände in
Richtung Buntton
(Farbton), Helligkeit und Buntheit (engl. Chroma) dient.
L. Gall, farbe+lack", 11/1992, Seiten 863 bis 869
Der aufgeblätterte Atlas ist ein Abbild des räumlichen
ClELAB-Zylinder-Koordinatensysfems. Die Seiten repräsentieren
die Bunttonwinkel, die zeilenweise angeordneten Farbmuster die
Helligkeitsebenen und die senkrechten Spalten die von innen nach
außen zunehmende Buntheit.
Jede Farbe im Atlas ist durch eine 7stellige Nummer
aus drei Zifferngruppen gekennzeichnet.
Die erste 3-stellige Gruppe bezeichnet
den Buntton. Zugleich ist dies die Seitenzahl im Atlas und der Buntton-Winkel
im Farbenkreis des CIELAB Systems.
(Buntton ist der offizielle und DIN-gerechte Name für
das, was man oft etwas ungenau Farbton" nennt, weil
Farbton" oft synonym für Farbe" gebraucht
wird.)
Der Buntton 360 (= Bunttonwinkel 0° bzw.360°) bezeichnet
ein bläuliches Rot, dem mit dem Buntton 180 ein bläuliches
Grün komplementär gegenübersteht.
090 = 90° ist ein neutrales Gelb mit der Komplementärfarbe
Blau mit dem Buntton 270.
Die zweite 2-stellige Gruppe bezeichnet
die (CIELAB-) Helligkeit L (=Lightness).
Maximal kommen im RAL-Design-System Farben mit einer Helligkeit
von 90 vor. Ein reiner Weißlack erreicht Helligkeiten (L)
knapp über 90. Minimal kommen im RAL-Design-System Helligkeiten
L von 20 vor.
Die dritte ebenfalls 2-stellige Gruppe
bezeichnet die Buntheit C (=Chroma") des CIELAB-Systems,
landläufig mit Begriffen wie Lebhaftigkeit, Sättigung
oder Brillanz umschrieben)
Reine Grau haben eine Buntheit von 0. Ein maximale Buntheit von
90 erreichen Gelbtöne - etwa bei einer Helligkeit von 80.
Bei der Schaffung des Atlas wurden alle Knotenpunkte"
des CIELAB-Raums soweit möglich mit den Methoden der
Computer-Farbrezeptierung visualisiert. Man kann sich
das so vorstellen, dass der Computer mittels der optischen Daten" ein Mischungsrezept
für ein Gelb mit dem Buntton 90 , einer Helligkeit = 80
und einer Buntheit = 80 iterativ", d.h. durch rechnerisches
Probieren sucht. Falls der Computer es für möglich
hält, muss es gemäß Computerrezept gemischt werden.
Dann wird farbmetrisch kontrolliert, ob es innerhalb der angestrebten
Toleranz (DE = 0,5)
dem Ziel 090 80 80" entspricht. In der Regel wird
das nicht der Fall sein. Anhand der bestehenden Farbdifferenz
wird dann ein korrigiertes Rezept berechnet, das gemischt, erneut
kontrolliert und ggf. wieder korrigiert werden muss, solange
bis es im Ziel liegt. Auf diese mühsame Weise konnten zunächst
die knapp 1700 Urmuster des RAL-Design-Systems erschaffen"
werden, für die es bis dato keine Vorlagen gab. Die Vorlagen"
existierten ja nur als Punkte im Farbenraum! Mit diesen Vorlagen
wurden dann aus hochwertigen Lacken die eigentlichen Muster des
Atlas lacktechnisch appliziert, ausgeschnitten und in den Atlas
geklebt. Verständlich, dass der kleine DIN A4-Atlas über
500 DM kostet und sein großer Bruder im Format DIN A3 über
1000 DM. (Billiger sind die Farbfächer und der Farbfinder,
die aber nicht so schön das System erkennen lassen!)
|
|
Der RDS-Atlas im DIN A4-Format
mit einer herausgenommenen Seite (Buntton 360) |
RAL-Design-Fächer mit Mustern
im Format 10x3 cm in einer BOX für 8 Fächer |
|
|
RAL-Design-Farbbögen
Farbmuster im Format DIN A4 und DIN A6 |
Farbfächer mit allen 1688
RAL-Design-System-farben . Format der Farbfelder = 20x30 mm |
Farbplanung mit RAL-Design-System
So, wie der ganze Atlas gewissermaßen
auf dem Reißbrett des Farbmetrikers geplant und die Positionen
der einzelnen Farben zahlenmäßig vorgegeben wurden,
ist prinzipiell jede andere Farbe, die nicht im Atlas zu finden
ist, zahlenmäßig zu benennen und schließlich
mit den gleichen farbmetrischen Techniken real darstellbar, wie
es die Farben des Atlas waren. Es kann in jeder gewünschten
Richtung des Farbenraums präzise interpoliert werden. Ein
gutes Beispiel stellen die einge-schobenen" Bunttonseiten
075, 085 und 095 dar. Sollte sich bei einem farbig zu gestalteten
Objekt anhand des Studiums der Zusammenhänge auf einer Bunttonseite
herausstellen, dass die anzubringenden Farben am besten eine
Ton in Ton" (gleicher Buntton) Diagonalreihe zu sein
hätten, mit um DL = 5 steigender Helligkeit und pro Helligkeitsstufe
um DC =
5 fallender Buntheitsstufe, so kann dem farbmetrisch entsprechend
ausgestatteten Farblieferanten dieser Auftrag in der Notenschrift"
des RAL-DS präzise vorgeschrieben werden.
Beispiel: (Die im Atlas nicht existierenden
aber machbaren Farben sind kursiv hervorgehoben) 080 90 30
080 85 35
080 80 40
080 75 45
080 70 50
080 65 55
080 60 60
Durch den engen Bezug zur Farbmetrik und
zum weltweit anerkannten ClELab-System, das überall, wo
Farben hergestellt und verarbeitet werden, das Bewertungssystem
bei der Farbkontrolle darstellt, das zudem, wie der vorliegende
Atlas eindrucksvoll belegt, auch empfindungsgemäß
richtig" und ästhetisch befriedigend aussieht,
liegt eine große Chance zur optimalen Verständigung
zwischen Farbenherstellern und Gestaltern.
Ein Beitrag für Farbe.com
von Dr.Ludwig
Gall
|
|