Kaviar
John McCabe
Die wichtigsten, kulinarischen Sorten:
Beluga-Kaviar
Gilt als der begehrteste (und teuerste) Kaviar der Welt.
Er stammt vom großen Beluga-Stör (acipenser hugo,
huso huso) aus dem kaspischen Meer. Er kann historisch
über 8m lang werden und 1.500kg wiegen (durchschnittlich
heute jedoch ca. 360 - 400kg). Das Ei ist im Vergleich zu anderen
Kaviar-Sorten auffallend groß (Durchmesser ca 3.5 mm) und
hell- bis stahlgrau. Dieser Kaviar wird generell in innen beschichteten
Dosen mit einem blauen Deckel geliefert.
Osietra-Kaviar (Osetra, Oscetre)
Der Kaviar stammt von einem kleineren Stör (acipenser
gueldenstaedtii), welcher nur im kaspischen Meer beheimatet
ist. Er wird bis zu 2m lang, und wiegt bis zu 248kg. Das Weibchen
produziert den Rogen bzw. Kaviar im 12. - 15. Lebensjahr.
Das gold- bis dunkelbraune Ei ist deutlich kleiner als jenes
des
Belugakaviar. Auch die Schale ist fester. Ein vorzüglicher
Kaviar, welcher generell in Dosen mit gelbem Deckel angeboten
wird.
Sevruga-Kaviar
Dieser Kaviar stammt von einem kleinen Stör (acipenser
stellatus), welcher ebenfalls nur im kaspischen Meer beheimatet
ist. Er wird bis zu 1.2m lang und wiegt bis zu 40kg.
Sevruga-Kaviar zeichnet sich durch sein kräftiges, würzig-anmutendes
Aroma aus. Die hellgrauen Eier sind sehr zart. Ein sehr beliebter
Kaviar,
welcher generell in Dosen mit rotem Deckel geliefert wird.
Keluga-Kaviar
Dieser Kaviar stammt von einem großen Stör (huso
dauricus - verwandt mit dem Beluga-Stör), welcher bis
zu 900kg wiegen kann und in mandschurischen Flüssen beheimatet
ist. Das Weibchen kann bis zu 180kg Rogen bzw. Kaviar enthalten.
Die Kaviar-Körner sind mittelgroß, allgemein schwarz
und gelten als vorzüglich (und teuer).
Obig beschriebene Störe treten in der Natur auch manchmal
als Albinos auf. Von solchen Stören stammt der 'Goldene
Kaviar'. Echter goldener Kaviar war historisch für den
Hof des russischen Zaren bestimmt. Angeblich gilt er als die
Superlative unter Kaviar vom Geschmack her und findet heute eher
selten seinen Weg aus dem Iran oder Russland (wo er der Elite
noch heute vorbehalten bleibt).
Alternativen (Ersatzkaviar)
Keta-Kaviar (Ikura)
Ein vorzüglicher Lachs-Kaviar, der besonders in Europa
und Japan
beliebt ist. Ketakaviar stammt vom Ketalachs (bzw. Hundslachs
- Oncorhynchus keta) aus Alsaka und dem nordwestlichen Kanada.
Ketalachs wird dort als 'Chum salmon' (Chum=Keta=Dog=Hund) bezeichnet,
weil dieser Lachs früher gerne den Hunden gefüttert
wurde.
Abb: Ein Hundslachs (Oncorhynchus keta ), 80 cm lang. Das
Fleisch gilt als kulinarisch minderwertig. Der Rogen dieser Fische
wird als Keta-Kaviar bezeichnet und gilt als eine Delikatesse.
Erst viel später wurde
die geschmackliche Kostbarkeit seines golden-
bis orangefarbenen Rogen weltweit entdeckt. Ketakaviar wird nun
in der Tradition russischer Methoden hergestellt. Im Vergleich
zu Belugakaviar ist das zarte Ei wesentlich größer.
Schmackhafte Sushi-Häppchen mit Ikura.
Forellen-Kaviar
Obwohl eher selten im Angebot, ist Kaviar der Forelle jedoch
durchaus
auch eine Köstlichkeit. Die golden- bis orangefarbenen Körner
(Eier) sind sind robuster und kleiner als jene des Ketalachs.
.
Seehasen-Kaviar/Lumpfish Caviar/ Deutscher Kaviar
Feinkörnige Fischeier, welche vom Seehasen des Atlantik
stammen.
Sie sind generell sehr salzig, rot oder schwarz gefärbt
und günstig.
Bei kleinen Brotschnitten mit etwas neutralem Weichkäse
z.B.
verleihen sie einen farbigen, anregenden Look und bieten auch
eine gewisse, ergänzende Geschmacksnuance.
In den USA z.B. muss der Ursprungsfisch im Zusammenhang mit
der Bezeichnung 'Caviar' auf der Verpackung (an fast beliebiger
Stelle) geliefert werden. Bei dem abgebildeten 'Caviar' handelt
es sich lediglich um den 'Lumpfish'. Die Verpackung ist jedoch
ein Würfeldesign und erlaubt auch im Regal, dass Sie nur
prominent 'Caviar' lesen würden. Die Marke 'Romanoff' verleiht
vom Klang her dann noch den 'russischen Flair'.
Traubenkaviar
Der Gedanke des "Fischeier-Genusses" jeglicher Art
bewirkt bei manchen Leuten wenig (bzw. u.U. sogar das Gegenteil
von) Begeisterung . Mangels einer besseren Bezeichnung, schlage
ich "Traubenkaviar" für diese Mitmenschen vor.
Es handelt sich um die Rebsorte Vitis cinerea floridana
bzw. Vitis simpsonii, gemeinhin als "Currant Grape"
(Johannisbeeren-Traube) bezeichnet. Bei der Präsentation
können diese winzigen Trauben auf den ersten Blick sogar
echten Kaviar vortäuschen. Im Gegensatz zu Kaviar ist jedoch
kein zertstossenes
Eis zur ergänzenden Kühlung am Tisch erforderlich.
Vom Geschmack her (leicht süsslich) können wenige dieser
Trauben z.B. einer kleinen Brotschnitte mit (auch deftigerem)
Weichkäse optisch und geschmacklich eine neue, erfrischende
Dimension verleihen.
Servieren
Kaviar ist von Natur aus höchst verderblich. Lassen
Sie sich diesbezüglich auch nicht durch eine schöne
Dose täuschen. Selbst unter idealen Temperaturbedingungen
sind die kleinen Dosen bei frischem Kaviar schon nach zwei bis
drei Wochen beim Händler verdächtig. Kaufen
Sie somit hochwertigen Kaviar immer nur dort wo sie sicher sein
können, dass es sich um frische Ware handelt (beim Preis
von Kaviar geht es auch oft um Tagespreise). Frischer Kaviar
glitzert und wirkt optisch feucht (aber nicht ölig). Manche
Händler erlauben ihren Kunden auch winzige Proben. Kaufen
sie auch nicht mehr als sie innerhalb von höchstens zwei
bis drei Tagen verzehren können - länger wird er in
Ihrem Kühlschrank (0 - 2 C° sind ideal - nicht im Gefrierfach
lagern!) kaum seine Qualität behalten.
Es gibt auch pasteurisierten Kaviar, welcher im Vakuum der (üblicherweise
kleinen) Behälter bis zu ein Jahr gelagert werden kann.
Er gilt ebenso als schmackhaft und ist gleichzeitig günstiger
als frischer Kaviar. Sobald der luftdichte Behälter jedoch
geöffnet wird, wird dieser Kaviar ebenso sehr schnell verderben.
Dann gibt es noch den gepressten Kaviar im Handel. Hier wurden
die zerbrochenen Körner wie auch weicher Rogen (oft bedingt
durch den Fang spät in der Saison) verarbeitet. Nur ca.
ein Fünftel des Gewichtes des ursprüglichen Kaviars
verbleibt nach dem Pressen. Dies bedingt letztlich einen fast
'aufstrichartigen' Kaviar mit besonders intensivem Geschmack,
welchen viele Kenner schlichtweg lieben - teilweise sogar gegenüber
dem körnigen Kaviar bevorzugen. Gepresster Kaviar ist verhältnismässig
günstig.
Rechnen Sie als Gastgeber mit einem Esslöffel (oder ca.
15 - 30g) Kaviar pro Person. Sehr vorteilhaft lässt sich
zusätzlich auch Ersatz-Kaviar einspielen. Die Präsentation
der farblich verschiedenen Portionen wirkt sehr attraktiv und
bedingt auch öfters anregende Unterhaltung zu den verschiedenen
Sorten.
Kaviar wird auf zerstossenem Eis entweder in der Originaldose
(oder Glas) oder auf einer Servierschale (mit Glaseinsatz) serviert
(wird auch als Presentoir bezeichnet). Nie darf der Kaviar
selbst die Zimmertemperatur annehmen, sondern sollte immer auf
zerstossenem Eis gebettet bleiben!
Achten
Sie darauf, dass nur Löffel aus Perlmutt, Horn oder Elfenbein
genutzt werden (gilt auch für obig beschriebenen 'Ersatz-Kaviar').
Keinesfalls sollten Metall- (ausgenommen Gold) oder Silberlöffel
genutzt werden! Der Kaviar gewinnt durch diese einen unangenehmen
Beigeschmack (im Notfall eher kleine Plastiklöffel nutzen).
Ein silberner Kaviar-Löffel aus dem 18. Jahrhundert
mit eingearbeiteter Muschelschale.
Besorgen
Sie sich auch einen eckigen (statt runden) Perlmuttlöffel
falls Sie die Möglichkeit dazu haben, da er sich zum Auftragen
auf leicht getoastetem, dünngeschnittenem Weißbrot
besonders gut eignet. Für den gepressten Kaviar gibt es
zusätzlich auch Perlmuttmesser.
Gerne werden auch feingehackte Eier mit Kaviar gereicht (gehacktes
Eiweiß und Eigelb sollte separat präsentiert werden).
Manche Liebhaber geniessen den Kaviar auch nur mit einem Löffel.
Hochwertiger Kaviar ist übrigens nicht salzig, sondern
Malossol (russisch: wenig Salz) und weist darauf
hin, dass es sich um ein nur sehr schwach gesalzenen Kaviar handelt.
Die einzig richtige Wahl als begleitendes Getränk zum Kaviar
(wie auch zum Ersatz-Kaviar) ist Champagner (Brut) - nicht nur
im Sinne der festlichen Atmosphäre, sondern weil kein anderes
Getränk auch nur annähernd den Kaviar geschmacklich
besser ergänzen könnte. Manche Leute bestehen jedoch
auf Vodka. In diesem Sinne könnten Sie eine Flasche Vodka
im Gefrierfach für einige Stunden lagern und parat haben.
Der tiefgekühlte Vodka (erinnert dann optisch leicht an
Syrup) wird daraufhin in kleinen Gäsern serviert. Der enorm
hohe Alkoholgehalt ergänzt jedoch nicht den Geschmack des
Kaviars, sondern 'reinigt' bzw. 'neutralisiert' eher drastisch
den Gaumen zwischen den Kaviar-Portionen.
Historie
Kaviar war schon zu Zeiten der Griechen (ca. 800 B.C.) beliebt.
Im römischen Reich galt der Stör als einer der vorzüglichsten
Fische überhaupt. Auch der Kaviar fand großen Anklang,
welcher auf Blumenblättern offenbar präsentiert wurde.
Im 12. Jahrhundert wurden einheimische Störe in England
von Henry II als 'königlicher Fisch' deklariert. Alle gefangenen
Störe im Königreich mussten somit an seine 'königlichen
Küchen' weitergeleitet werden. Im frühen 16. Jahrhundert
war Kaviar unter Aristokraten der westlichen Welt bereits ein
Hit. Sogar Papst Julius II bekundete bereits 1520 eine Vorliebe
für den Rogen der Störe. Jedoch erst in den 20er Jahren
des 20. Jahrhunderts (den Roaring Twenties) begann sich
Kaviar auch in der wohlhabenderen Schicht der Bevölkerung
in Westeuropa ernsthaft durchzusetzen. Während dem Sturz
der Monarchie in Russland (1917) befanden sich zwei Brüder
aus Russland in Paris. Das Regime in Russland nach der Revolution
(derzeit sehr geprägt mit mangelnden Finanzen), war von
der Einladung der beiden Brüder zum des Export des Kaviars
nach Paris letztlich angetan. Der Rest der Geschichte des meteorischen
Aufstiegs in der Bekanntheit und Beliebtheit des Kaviars ist
neuzeitlich jedem bekannt.
Das Wort 'Kaviar' hat historisch seinen Ursprung in der türkischen
Sprache als Khavyar. Bis ins 17. Jahrhundert entwickelten
sich viele sprachliche Varianten wie z.B. Caviale in Italien,
Cabial in Spanien, cavial in Frankreich und auch andere
Bezeichnungen wie Cavery, Chauile und Caveer.
Die eher unmelodisch anmutende russische Bezeichnung Ikra
wiederum floß jedoch nicht in die Entwicklung der heute
international weitgehend akzeptierten Bezeichnung Caviar
(bzw. dem deutschsprachigen Kaviar) ein.
Störe und das schwarze Gold
Vier Gattungen und mindestens 25 Einzelarten des Stör (En:
Sturgeon) sind international bekannt. Bemerkenswert ist,
dass der Stör (ähnlich wie z.B. Haie) sich in ca. 250
Millionen Jahren kaum verändert hat. Dies dürfte eventuell
darauf zurückzuführen sein, dass ein Stör ein
wahrlich perfektes Design der Natur für sein Revier
ist. Unter optimalen Umständen kann der berühmte Beluga-Stör
ein Alter von über 100 Jahre erreichen (manche Quellen behaupten
sogar 2 - 300 Jahre). 1989 wurde der (derzeit) grösste gefangene
Beluga-Stör als ca. 60 Jahre alt geschätzt, wog 973kg
und bedingte 119kg Kaviar. Beluga-Weibchen erreicht ihre geschlechtliche
Reife im 20. Lebensjahr. Durchschnittlich trägt ein größeres
Beluga-Stör-Weibchen ca. 60kg Rogen.. Die schiere Wucht
der Schwanzflosse eines grösseren Störs hat sich bereits
für manche Fischer als tödlich erwiesen.
Ich habe vor ein paar Jahren die Gelegenheit wahrgenommen, dem
Sportfang von Weißen Stören im mächtigen Columbia
River (Bundesstaat Oregon) beizuwohnen.
https://www.bcadventure.com/adventure/angling/game_fish/sturgeon.phtml
Als ein Stör an meinem Köder plötzlich Gefallen
fand, war ich zuerst überzeugt, dass ich sicherlich wieder
ein unbewegliches,
altes Wrack geangelt hatte. Die Kraft dieses Fisches war unerwartet
gross! Nach einer erheblichen Investition meiner persöhnlichen
Körperkraft um diesen Fisch letztlich mit meiner Angel zu
bezwingen, bemerkte ich, dass der Fisch nicht mit Schuppen, sondern
mit einer lederartigen Haut ausgestattet war. Der Kapitän
des Bootes prüfte meinen Störfang gleich nach vorgeschriebener
Größe und Geschlecht (Störweibchen wurden sofort
behutsam wieder in den Fluss platziert).
Bei der Rückkehr zum Dock erwartete uns auch schon eine
Art staatliche 'Fischpolizei', welche sofort jeden Fisch an Bord
nochmals genau prüfte. Der Grund für diese (mir zu
jenem Zeitpunkt noch etwas übertrieben erscheinende) Gewissenhaftigkeit
ist jedoch einleuchtend:
Früh hatten Fischereien in den USA erkannt, dass der Rogen
des Weißen Stör jenem seiner russischen Verwandten
kaum nachsteht. Dieser Kaviar wurde früher in manchen Bars
(wie z.B. heute Salzstangen oder Nüsse), den Kunden kostenlos
angeboten. Letztlich wurde durch zügellose Fischerei der
Weiße Stör in den USA fast ausgerottet. Erst 1915
wurden Regulationen zum Fang 'versucht', aber der Stör war
bereits so selten, dass sich auch das Streiten über etwaige
Regulationen für regionale Fischereien sowieso nicht mehr
lohnte: die Betriebe wurden geschlossen.
Erst 1950 wurde begrenztes und strengstens reguliertes Sportfischen
wieder erlaubt. So streng wie z.B. im Bundesstaat Oregon geht
es jedoch im Kaspischen Meer leider nicht zu. Störe aus
diesem Hauptfanggebiet stehen trotz strengerscheinenden Regulationen
und Abkommen (CITES Abkommen 1997/98) kurz vor der Ausrottung.
In den letzten zwanzig Jahren ist der Fang der Störe um
erschreckende 90% gefallen.
Zudem stehen auch politischen Initiativen, welche u.a. dem
Leerfischen der Meere entgegenstehen und sich um das Überleben
vieler Fischarten bemühen, einflussreiche Fischerei-Lobbys
entgegen. Es geht auch nicht nur um kriminelle Kartelle (wie
oft beim Kaviar), sondern ebenso um legitime nationale Begehren,
welche in Existenzen, Familien und Kindern und Tausenden von
Arbeitsplätzen fundiert sind. Die Balance zu finden ist
schwierig und zeitweilig ein erbitterter Kampf.
Wenn man jedoch bedenkt, dass der Rogen eines großen Störweibchens
mit Leichtigkeit den feinsten Mercedes bezahlen könnte,
dann wundert man sich eventuell auch nicht über Gemunkel,
dass der Kaviar im Markt grossteils einen illegalen Ursprung
hat.
Erfreulicherweise setzt sich die Störzucht bereits in
mehreren Ländern
erfolgreich durch. Insbesondere der Weiße Stör eignet
sich zur Zucht.
Manchen Störzüchtern gelingt es sogar, den Störweibchen
bis zu
sechs mal den Kaviar lediglich mit einem Kaiserschnitt abzugewinnen,
zu vernähen und den Fisch wieder ins Wasser zurückzusetzen.
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