Saint Vincent, oder wie Franzosen Feste feiern
Dirk Würtz
Zurück aus der Champagne hier nun ein kleiner Stimmungsbericht.
Abgesehen davon, dass es wieder einmal fast nur gute Champagner
gab, war das angenehmste die Art und Weise wie gefeiert wird.
Fröhlich, ausgelassen, friedlich und freundlich. Kein böses
Wort, kein Gedränge und keine Agressionen. Im Gegenteil.
Am 40.ten Jahrestag der deutsch-französischen Freundschaft
haben wir in Mesnil sur Oger ein rauschendes Fest gefeiert. Mit
allem was dazu gehört, inklusive dem obligatorischen "Serviettenschwenken".
Immer wieder erstaunlich zu beobachten wieviel Esskultur doch
unsere Nachbarn haben. Selbst bei einem Selbstbedienungsbuffet
wird in lukullisch richtiger Reihenfolge gegessen. In aller Ruhe,
ohne Hektik und Angst etwas nicht zu bekommen, was der Nachbar
hat. Keine Schlacht am Buffet. Da haben sie uns wirklich etwas
voraus.
Das Saint Vincent ist quasi das Erntedankfest, oder anders ausgedrückt
ein Fest zu Ehren des Schutzheiligen der Winzer, das in annähernd
jedem Dorf in der Champagne gefeiert wird. Als Chevalier de L´Arc,
franc buveur de chardonnay Blanc des Blancs avec le main qui
ne tremble pas, ist diueses Fest ein hoch willkommener Pflichttermin.
Zwei Tage Champagner satt, außnahmslos aus Mesnil sur Oger.
In der Regel ist das die Gelegenheit Neuentdeckungen zu machen.
Für mich sind die aus Mesnil sur Oger schon seit Jahren
meine absoluten Favoriten. Neben meinem absoluten Liebling, dem
Clos de Mesnil, gibt es noch einen weiteren den ich nicht mehr
missen möchte. Über den kann ich jetzt allerdings nicht
sehr viel sagen, da wir diesen Champagner seit Jahren importieren...und
Werbung hat hier nichts zu suchen.
Als Freund von absolut trockenen Champagnern hat mich am nachhaltigsten
der von Jean-Pierre Launois, Grand Cru, und der von Jean Pernet,
1997 Grand Cru, beeindruckt. Beide kosten vor Ort ca. 12 Euro.
Ebenfalls sensationell Grandin & Fils, absolut trocken und
unglaublich lang und J.L. Vergnon, Grand Cru extra brut. Immer
sehr verläßlich sind die Champagner von Guy Charlemagne.
So schwierig der Mensch auch ist, so genial sind seine Weine.
Leider wurde er im letzten Jahr aus unserem Club rausgeworfen.
Einmal bin ich kurz fremdgegangen, zwei Dörfer weiter
nach Cramant zu Diebolt-Vallois. Das Luxux-Cuvée des Hauses
ist unbeschreiblich gut. Qualitativ durchaus mit einem Clos de
Mesnil zu vergleichen (da hatte VINUM ausnahmsweise mal recht),
allerdings wesentlich günstiger.
Überhaupt die Preise an der Cote des Blancs. Kaum ein
Champagner der mehr als 11 oder 12 Euro kostet. Ein Paradies
also...
Fazit:
Zwei tolle Tage, 220 Personen, ca. 800 Flaschen Champagner und
wie immer zu kurz.
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