Malolaktische Gärung
John McCabe
Die biologische Wandlung der strengen Apfelsäure (lat.
'malum': 'Apfel') in die mildere Milchsäure (lat. 'lac':
Milch) wird als 'malolaktische Gärung' bezeichnet (gängiges
Kürzel: 'MLF' = 'malo-lactic fermentation'; 'ML' = 'malo-lactic').
Dieser bei der Weinherstellung vorkommende Prozess wird auch
als 'biologischer Säureabbau' ('BSA') bezeichnet. Er wird
bei vielen roten wie auch weißen Weinen aktiv gefördert.
Früher wurde die malolaktische Gärung irrtümlich
auch als 'zweite Gärung' bezeichnet. Kellermeister merken
an, dass die 'malolaktische Gärung' bei der Weinproduktion
zwar ein geläufiger Begriff sei, aber keine Gärung
im eigentlichen Sinne darstelle.
Eine 'Gärung' stellt beim Wein die Umwandlung von Zucker
zu Alkohol (vorwiegend Ethanol) durch die metabolische Tätigkeit
der zugesetzten Hefe dar, wobei Kohlendioxyd (CO2) freigesetzt
wird. Bei der 'malolaktischen Gärung' ist Hefe jedoch nicht
von Bedeutung. Winzige Bakterien sind es stattdessen, die für
die Umwandlung der Apflesäure in Milchsäure verantwortlich
sind. Von der Größenordnung her sind diese Bakterien
zu den Hefen eher wie Ameisen verglichen mit Elefanten. Die einzige
Gemeinsamkeit der üblichen mit der malolaktischen Gärung
ist die Freisetzung von CO2 durch Umwandlung der Säure zu
finden. Der Umfang des CO2-Ausstoßes ist bei der üblichen
Gärung jedoch um ein Vielfaches höher. Belassen wir
es jedoch einfach bei der geläufigen Bezeichnung, 'malolaktische
Gärung', und wenden uns näheren Details zu:
Ein gewisser Dr. Wenzel Seifert (1862-1942) aus Österreich
identifizierte erstmals eine säureresistente und säureabbauende
Bakterie als verantwortlich für den Abbau der Apfelsäure
zur Milchsäure unter Freisetzung von CO2. Bei diesen 'laktischen'
Bakterien (bzw. Lactobacillus) handelt es sich um Arten wie z.B.
Leuconostoc und Pediococcus. Ähnlich wie bei den Hefen,
beeinflussen auch bei den Bakterien unterschiedliche Sorten die
Aromen und somit den Geschmack des Weines.
Die malolaktische Gärung bzw. der Säureabbau kann
durch übertragene Bakterien aus dem Rebgut (z.B. auf der
Traubenhaut, auf Stengeln, Blättern oder auch am Werkzeug
und in vormals zur Gärung genutzten Fässern) als natürlicher
Prozess eintreten oder auch vom Kellermeister selbst aktiv gefördert
werden.
Die malolaktische Gärung kann bereits im Most, jedoch
auch später während der Weinherstellung oder auch in
den abgefüllten Flaschen auftreten. Ebenso kann sie vollständig
oder nur teilweise erfolgen. Sie kann vom Kellermeister auch
vermieden werden, sofern dieser das wünscht. Das erfolgreiche
Werkeln dieser Bakterien ist von der Temperatur und von bestimmten
Nährstoffen abhängig. Die ph-Werte dürfen im Most
oder Wein weder zu hoch noch zu niedrig sein. Zudem sind diese
Bakterien sehr empfindlich gegenüber Schwefel-Dioxyd. Ein
hoher Alkoholpegel (Ethanol) im Wein kann die Bakterien auch
vollständig abtöten. Am wohlsten fühlen sie sich
bei Temperaturen über 20°C. Bei Temperaturen unter 15°C
wiederum ist es ihnen für die malolaktische Gärung
zu kalt. Zu jenen Zeiten, als es moderne Klimatisierung bei der
Herstellung von Weinen noch nicht gab, entwickelte sich die malolaktische
Gärung in den Sommermonaten oft spontan von selbst.
Kellermeister 'impfen' ihre Weine mit diesen Bakterien allgemein
nach der alkoholischen Gärung durch die Hefe. Die Rückstände
der absterbenden Hefe stellen Nährstoffe für die Bakerien
dar. Auch viele andere Faktoren beinflussen den Erfolg der malolaktischen
Gärung, wie z.B. vorhandener Sauerstoff, Tannin, bestimmte
Hefe-Arten, Fassausbau und das Filtern der Weine.
Ein Kellermeister kann sich aus mehreren Gründen bewusst
für oder gegen eine malolaktische Gärung bei der Produktion
eines Weines entscheiden. Ein Hauptgrund für die malolaktische
Gärung ist oft, dass die verwendete Weinsorte ohne den Abbau
der strengen Apfelsäure für den Genießer untypisch
oder zu herb wirken könnte. Ein weiterer Grund, der für
die malolaktische Gärung spricht, ist die gewünschte
aromatische Veränderung (mitunter auch aromatische Veredelung)
im Wein, welche mit einer malolaktischen Gärung ganz natürlich
einher geht. Manche Weine gewinnen durch die malolaktische Gärung
zusätzlich angenehme cremige' bzw. 'butterige' Duft-
und Geschmacksnuancen.
Ein anderer Kellermeister könnte sich wiederum von der
malolaktischen Gärung distanzieren, weil sein Wein gezielt
so komponiert wird, dass die natürliche Apfelsäure
dem Wein eine besondere Dimension der Frische und Fruchtigkeit
zuspielt. Zudem tragen natürliche Fruchtsäuren zur
besseren Lagerungsfähigkeit von Weinen bei.
Das eher kühle Klima der Champagne bedingt oft verhältnismäßig
hohen Säuregehalt in den geernteten Reben. Dies bietet sich
wiederum für die maloloktische Gärung an. Somit wird
die malolaktische Gärung von vielen Häusern in der
Champagne bewusst gefördert. Es gibt jedoch auch einige
wenige Champagner-Häuser (wie z.B. Gosset), die auf die
malolaktische Gärung streng verzichten und ihre Cuvées
mit der natürlichen Apfelsäure der Reben komponieren.
Dadurch werden oft aussergewöhnlich frisch und fruchtig
anmutende Champagner geschaffen, welche sich nicht selten durch
bemerkenswerte Lagerungsfähigkeit und zunehmender Geschmeidigkeit
auszeichnen.
|