Heidsieck-Monopole
Ein Bericht von John McCabe
Im Jahre 1998 sorgte der Heidsieck-Monopole, Goût
Américain, Jahrgang 1907 für Schlagzeilen in
der Weinwelt. Aus dem Wrack des schwedischen Schoners Jönköping
wurden 1998 ca. 3.000 Flaschen dieses Champagners geborgen.
Der Schoner
begab sich im Oktober 1916 von Frankreich auf den Weg nach Rauma,
Finnland. Als Ziel war offenbar St. Petersburg in Russland bestimmt.
Im Schiffsbauch befand sich Fracht für den Zaren Nicholas
II. Sie bestand aus Stahl für Reparaturen der russischen
Eisenbahnschienen, mehreren Fässern Wein und Cognac sowie
50 Kisten Champagner aus dem Hause Heidsieck-Monopole.
Der Kapitän der Jönköping, E B Eriksson, versuchte
früh am Morgen des 3. November 1916, die deutsche Blockade
in der Ostsee zu umgehen. Das deutsche U-Boot U22 fing
die Jönköping jedoch ab. Dies war bereits das zehnte
Mal, daß die Jönköping mit Kontraband erwischt
wurde. Der Kapitän des U-Bootes, Bruno Hoppe, hatte keine Wahl: Er gestattete
die sichere Evakuierung der Mannschaft. Daraufhin liess er Sprengsätze
auf der Jönköping installieren und schickte den Schoner
mitsamt seiner Fracht 62 Meter tief auf den Meeresboden.
Die kostbaren Champagner lagerten dort 82 Jahre lang bei vier
Grad Celsius und (bedingt durch die enorme Tiefe) hohem Außendruck.
Diese ungewöhnlichen Lagerungsbedingungen erwiesen sich
nun später bei der Degustation
durch mehrere renommierte Weinkenner als optimal, da der Champagner
sich erstaunlicherweise als in jeder Hinsicht hervorragend vorstellte.
Eine Analyse des Champagners bestätigte eine (erwartete)
hohe Zucker-Dosage (42.55g/l). An Alkohol mangelte es dem Champagner
mit 12,35% auch nicht. Die Farbe ist ein würdiges Tiefgold.
Eine unerwartet beständige wie auch feine Perlage erfreute
die Augen der Degustatoren. Vom Geschmack her gab es keinen Madeiraton
zu beanstanden oder störende Oxidation zu vermerken. Im
Gegenteil: Der 1907er stellte sich als sehr aromatisch vor, u.a.
mit Honignoten und kristallisierter Frucht. Auch mit seinem hervorragenden
Abgang überzeugte er rundum.
Bei Versteigerungen erzielten diese Heidsieck-Monopole-Champagner
enorme Verkaufspreise, mitunter sogar Rekordpreise (Christie's
Auktion in London z.B. US$ 4.068).
Ein großer Teil dieser Champagner, ca. 2.000 Flaschen,
wurde von der Firma Caviar House aufgekauft. Noch heute
kann man sie vereinzelt im Handel finden.
Im Jahre 2007 wird dieser Champagner 100 Jahre alt sein. Dies
stellt wahrhaftig eine Sensation unter Champagnern dar. Aber
die Geschichte enthält auch ungelüftete Geheimnisse.
Der Leser (wie auch der Schreiber) dieses Berichtes könnte
sich besipielsweise fragen, warum dem Zaren ausgerechnet die
Geschmacksrichtung Goût Américain ('amerikanischer
Geschmack') geliefert wurde, zumal der russische Königshof
längst ein treuer Großkunde des Hauses Heidsieck-Monopole
war. Bestellungen des Zaren Nicholas II beliefen sich sogar auf
bis zu 400.000 Flaschen pro Jahr. Russische Kunden bevorzugten
damals Champagner mit einer sehr süßen Geschmacksnote.
Die Amerikaner bevorzugten zwar ebenfalls süße Champagner,
jedoch bei weitem nicht so süß wie die Russen. Eine
Dosage von 42.55g/l erscheint historisch zwar richtig für
den damaligen US-Markt, aber eigentlich nicht süß
genug für die damaligen russischen Champagner-Fans.
Auch der Jahrgang 1907 gilt gemeinhin kaum als ein sonderlich
gutes Jahr in der Champagne. Schwere Regenfälle vor der
Ernte veranlasste die weitaus überwiegende Mehrzahl der
Winzer, keinen Jahrgang zu deklarieren bzw. die Weine dieses
Jahres dem Verschnitt zuzuführen. Der kluge Kellermeister
des Hauses Heidsieck-Monopole wagte jedoch den Schritt zum Jahrgangs-Champagner,
und es bestätigt sich nun, fast hundert Jahre später,
dass die Ernte des Jahres 1907 trotz allem einen hervorragenden
Jahrgangs-Champagner hervorbringen konnte.
Betrachten wir nun im Zeitraffer den historischen Werdegang
des Hauses Heidsieck-Monopole:
Nach dem Tod seines Onkels Florenz-Louis Heidsieck
(1828), dem Gründer des ursprünlichen Hauses Heidsieck
& Co., gründete Henri-Louis Waldbaum 1834 das
Champagner-Haus Waldbaum-Heidsieck & Co..
Im Jahre 1846 übernahm sein Schwiegersohn Auguste
Heidsieck die Leitung der Unternehmung und benannte es mit
dem historischen Namen Heidsieck & Co. Neue Partner
mit Namen Goulden und Luling erschienen vorübergehend.
1860
wurde die Marke Monopole registriert. Nach dem Tod von
Auguste Heidsieck (1870) trug das Haus bis 1910 unterschiedliche
Namen wie z.B. Veuve Heidsieck und Luling, Goulden
& Co.
Schon 1885 wurden 1,5 Mio. Flaschen in alle Welt verkauft.
1923 wurde das Haus von einem Herrn Edouard Mignot aufgekauft
und der Name Heidsieck& Co. Monopole festigte sich
fortan.
1972 beteiligte sich das Champagner-Haus Mumm mit 84%,
1980 mit 99%, und übernahm das Haus Heidsieck& Co. im
Jahre 1985 vollständig. Seit 1998 gehört das Haus zur
berühmten Vranken-Gruppe.
Heidsieck& Co. Monopole besitzt rund 110 ha. Weinberge.
Überwiegend handelt es sich dabei um kostbare Lagen der
edlen Pinot-Noir-Reben
um Ambonnay, Bouzy, Verzenay und Verzy. In seinen Weinbergen
in Verzenay steht übrigens auf einem Hügel mit dem
Namen Mont Boef die letzte Windmühle der Champagne.
Die Moulin de Verzenay gilt als das bekannteste Wahrzeichen
dieser Gegend. Im Ersten Weltkrieg wurde die Windmühle als
Aussichtsturm
für die Beobachtung feindlicher Truppenbewegungen genutzt.
Nach dem Zweiten Weltkrieg beschlagnahmten die amerikanischen
Truppen die alte Windmühle vorübergehend. Heute dient
sie Besichtigungen und Empfängen der Firma Heidsieck-Monopole.
Bis auf ihern Blanc de Blancs sind alle Heidsieck-Monopole
Champagner reichhaltig mit den fruchtigen Noten bester Pinot-Noir-Reben
ausgestattet. Der oben erwähnte 1907 ist lediglich ein winziger
historischer Ausschnitt unter zahllosen herrlichen Champagnern
aus diesem Hause, welche Genießer weltweit begeisterten
und auch neuzeitlich bei internationalen Degustationen regelmäßig
in den 80ern und 90ern punkten. Zudem bietet Heidsieck-Monopole
eine schöne Auswahl verschiedener Champagner, welche sich
jedem Anlass oder Festessen anpassen lassen:
Der Heidsieck-Monopole Blue Top stellt einen jahrgangslosen
Champagner dar. Er besteht aus 70% Pinot-Noir, 20% Chardonnay
und 10% Pinot-Meunier. Seine ausgeprägten Fruchtnoten begleitet
eine angenehme Würze. Die Chardonnay-Rebe vollendet ihn
im Verschnitt mit Eleganz. Ich bezeichne ihn einfach mal als
einen 'sehr zuverlässigen Champagner', der mit seinem traditionellen
Geschmacks-Style jeden Champagner-Fan erfreuen dürfte. Bei
internationalen Degustationen punktete er schon mehrfach in den
hohen 80ern. In der Assemblage verleiht ihm der Kellermeister
bei Heidsieck-Monopole die gewisse 'klassische Balance' zwischen
den drei Rebsorten. Er eignet sich wunderbar als Apéritif
und hat zusätzlich den Vorteil kräftig genug zu sein,
um viele Fisch- und Geflügelgerichte vorteilhaft zu ergänzen.
Dieser Charmeur im blauen Gewand ist übrigens auch vom Preis
her sehr ansprechend.
Die Blue Top Premiers Crus stellen genau das dar ,
was ihr Name verspricht. Hier geht es um feinstes Rebgut aus
Premier Crus. In der Assemblage kommen ihnen 60% fruchtige Pinot-Noir-Reben
und zusätzlich 40% der edlen Chardonnay-Reben zu Gute.
Der Heidsieck-Monopole Extra Dry ist in der Assemblage
mit 70% Pinot-Noir, 20% Pinot Meunier und 10% Pinot-Meunier dem
Blue Top (Brut) sehr ähnlich, jedoch wird er mit der Dosage
etwas süßlicher (Extra Dry). Diese Geschmacksrichtung
ist in den Vereinigten Staaten sehr beliebt. Er ist ebenso kräftig
und wohl balanciert wie sein Vetter, kann sich jedoch darüber
hinaus zu manchen (nicht zu süßen) Nachspeisen vorteilhaft
gesellen.
Dann gibt es noch den Heidsieck-Monopole Red Top und
Green Top. Die Anteile der drei Rebsorten bei diesen beiden
Champagnern sind identisch mit denen des Blue Top. Der Red Top
ist jedoch wesentlich süßer (Sec) und der Green Top
noch süßer (Demi-Sec). Ein Heidsieck-Monopole
Red Top ist jedoch keinesfalls nur ein Dessert-Champagner, sondern
kann den Champagner-Fan ohne weiteres durch alle Speisefolgen
hindurch begeistern.
Übrigens möchte ich an dieser Stelle vorschlagen, dass
Sie bei einem Festessen im Freundeskreis irgendwann sowohl den Blue
Top wie auch den Red Top gleichzeitig vorstellen - insbesondere
dann, wenn Sie sich nicht sicher sind, wie es um die bevorzugten
Geschmacksrichtungen der Gäste bestellt ist. Die meisten
Champagner-Liebhaber werden sich sicherlich gleich an den Blue
Top (Brut) halten. Andere Gäste wiederum könnten sich
vielleicht eher in die süßlicheren Noten des Red Top
verlieben.
Zudem können zwei Kübel mit Champagner nebeneinander
auf dem Eßtisch, der eine mit einem herausragenden königlich-blauen
und der andere mit einem lebensfreudig-roten Falschenhals, optisch
hoch elegant wirken. Dies könnte übrigens auch die
ideale Gelegenheit sein, etwaige Novizen unter Ihren Besuchern
in die komplexe Welt der Champagner einzuführen (erst den
Blue Top probieren lassen, dann den Red Top). Der (eher seltene)
Green Top stellt eine gute Wahl als Begleiter beispielsweise
zu asiatischen 'Sweet and Sour' Gerichten dar. Natürlich
gilt ein Demi-Sec wie der Green Top vorwiegend als ein klassischer
Nachspeise-Champagner.
Heidsieck-Monopole hat auch einen schönen Rosé
mit dem Namen (Sie haben es erraten...) Rose Top parat.
Grundsätzlich entspricht dieser Champagner von der Assemblage
her (70% Pinot-Noir, 20% Chardonnay, 10% Pinot Meunier) seinen
anderen 'Top-Brüdern', jedoch mit einem grundlegenden Unterschied:
bei den 70% Pinot Noir spielt der Kellermeister 18% stillen Bouzy-Rouge-Wein
ein. Dies verleiht dem Rose Top eine zusätzliche Dimension
der Fruchtigkeit und Kraft. Besonders zu (milderen) Fleischgerichten
passt der Heidsieck-Monopole Rose Top ganz hervorragend.
Derzeit befindet sich auch der Jahrgangs-Champagner Gold
Top 1996 im Sortiment Heidsieck-Monopoles. Allgemein (bei
fast allen Champagnern) gewinnt der Jahrgang 1996 zunehmend hohe
Anerkennung unter den Wein-Profis. Er ist mit 60 % Pinot-Noir
und 40% Chardonnay dieses Jahres gut ausgestattet.
In der Prestige-Cuvée-Klasse hat Heidsieck-Monopole
mehrere Kostbarkeiten zu bieten. Diese besonderen Champagner
tragen die Bezeichnung Diamant und stellen sich in außergewöhnlich
schönen Flaschen vor. In der unteren Hälfte sind die
Flaschen mit geometrischen Designs im Glas verziert, welche an
Diamanten erinnern.
Der
Riese in dieser Gruppe ist der Diamant Bleu Vintage. Der
Diamant Bleu 1989 wird weltweit als hervorragender Champagner
verehrt. Schon mehrfach wurde er bei internationalen Degustationen
mit Bewertungen in den 90ern geehrt. Er setzt sich aus 50% Pinot-Noir
und 50% Chardonnay aus besten Grand Crus zusammen. Wer ihn heute
noch auftreiben kann, darf sich glücklich schätzen.
Die Bezeichnung 'Diamant' ist für diesen Champagner mehr
als zutreffend: Er funkelt optisch und geschmacklich tatsächlich,
genau wie ein fein geschliffener Diamant, aus jedem Winkel immer
wieder unterschiedlich bezaubernd. Dem Genießer offenbart
sich ein reichhaltiges Spektrum an Aromen, von Citrus bis hin
zu Birnen, gleichzeitig begleitet von geheimnisvoller Würze,
einem Hauch frischen Brotes, mit blumigem Bouquet und besonderer
Feinperligkeit. Er stellt einen herrlichen Apéritif dar,
begleitet jedoch auch deftigere Gerichte (Wild-Gerichte z.B.)
sehr vorteilhat. Dieser Prestige-Cuvée war auch bei meiner
letzten Begegnung mit ihm erfreulicherweise noch immer erstaunlich
preiswert (ca. US$/Euro 60).
Heidsieck-Monpole bietet auch einen Blanc de Blancs Jahrgangs-Champagner
mit dem Namen Diamant Blanc Vintage an. Die Chardonnay-Reben
für diesen 'Diamant' stammen ebenfalls aus kostbaren Grand
Crus.
Anzumerken ist noch der feine Rosé der Diamant-Gruppe.
Beim Diamant
Rosé handelt es sich ebenso um einen Jahrgangs-Champagner.
Der Jahrgang 1988 gilt noch heute als besonders gut. In der Assemblage
enthält er 60% Pinot-Noir (17% davon Bouzy
Rouge Wein) und 40% Chardonnay. Er eignet sich, wie sein
jahrgangsloser Vetter, ebenso vortrefflich zu (milderen) Fleischgerichten
aller Art.
Heidsieck-Monopole Champagner lassen sich fast überall
auf der Welt im Handel finden. Auf dem Meeresboden dürfte
sich jedoch kein Jahrgang 1907 mehr finden lassen. Die Taucher
der Bergungsmannschaft waren zweifellos sehr gründlich.
Besuchen Sie Heidsieck-Monopole online: Vranken
Mein Dank an Thomas Ekstrand und Centic Shipsmanagement AB für die Gestattung
der Nutzung ihrer Bilder. Übrigens eine empfehlenswerte
Adresse im Internet. Überraschend interessant!
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