Degustation
John McCabe
Eine Degustation stellt eine organoleptische (sensorische)
Prüfung und darauf basierende Beurteilung dar.
Die Sinnesorgane Auge, Nase und Zunge werden hierzu dediziert
eingesetzt. Man erlebt nicht nur den Wein im Detail, sondern
auch sich selbst in gewisser Weise, da ein ungewöhnlich
intimer Dialog mit den eigenen Sinnesorganen angestrebt wird.
Dieser 'sensorische Dialog' kann sich wiederum anschließend
in beschreibende Worte fassen lassen. Fachleute und Kenner verständigen
sich untereinander oft mit einem beachtlich differenzierten Vokabular
dieser beschreibenden Worte. Schon der berühmte französische
Chemiker Jean-Antoine Claude Chaptal (1756 - 1832; u. a. Erfinder
der 'Chaptalisierung' eines Weines) nutzte mehr als 60 spezifische
Fachbegriffe.
Während Degustationen informell bei Händlern und im
Freundeskreis (oder auch alleine) stattfinden können, gibt
es daneben Degustationen, die beispielsweise im Rahmen eines
Wettbewerbes mit genau festgelegten, strengen Regeln von Fachleuten
und Kennern vollzogen werden.
Informelle Degustationen sind sowohl unter Novizen wie auch
unter Kennern sehr beliebt, da in deren Rahmen die (eher seltene)
Möglichkeit geboten wird, mehrere Champagner sehr günstig
oder gar kostenlos zu probieren. Zudem setzt Weinwissen auch
Praxis voraus und kann nicht nur 'theoretisch' erworben werden.
Degustationen bieten ideale Voraussetzungen für diese wertvolle
Praxis!
Eine Degustation mehrerer Champagner ist besonders reizvoll,
da alle Champagner von Hause aus sehr gut sind. Die Beurteilung
der Champagner ist letztlich in hohem Maße subjektiv geprägt,
zumal es keinen 'schlechten Champagner' gibt, sondern nur solche
Champagner, die den ein oder anderen Genießer vom persönlichen
Geschmack her mehr oder weniger begeistern. Überdies stellen
informelle Degustationen oft herrliche 'Endeckungsreisen in die
Welt der Champagner' dar, die sich niemand entgehen lassen sollte,
der Gelegenheit zu einer Teilnahme hat.
Formelle Degustationen andererseits sind aufwändiger,
durch Regeln geprägt und ausschließlich Fachleuten
und Kennern vorbehalten. Schon die Einladung ist oft eine große
Ehre. Hier geht es nicht nur um subjektive, sondern auch um (bestmögliche)
objektive Beurteilung. Profis können in der Prüfung
eines Champagners ihre natürliche, subjektive Wahrnehmung
etwas bei Seite stellen und, bedingt durch viel Erfahrung, Erinnerungsvermögen,
trainierte Riechschärfe und Konzentrationsfähigkeit
annähernd objektiv urteilen.
Ein Profi mag somit z.B. einen bestimmten Champagner persönlich
(subjektiv) als etwa 'zu süß' beurteilen, aber es
geht nicht um seine/ihre Vorliebe, sondern um die sachgerechte
Studie und Beurteilung der Eigenschaften des vorliegenden Weines.
Das (eher objektive) Urteil eines Profis bezüglich 'wie
süß' z.B. ein Champagner tatsächlich ist, lässt
sich oft auch durch Resultate einer chemischen Analyse (objektiv)
bestätigen. Zudem nutzen Profis bei ihren Beschreibungen
bestimmte beschreibende Worte ('Wein-Ansprache'), welche in ihrer
eher objektiven Natur als sachlich fundierte und allgemein nachvollziehbare
Hinweise für Fachleute, Kenner und Novizen gelten. Es gibt
professionelle Degustatoren in vielen Ländern, die indirekt
auch das finanzielle Schicksal eines Champagnerhauses durch ihre
Urteile (z.B. in Büchern, Zeitschriften, Online-Publikationen
etc.) positiv oder negativ mitbestimmen können. Formelle
Degustationen sind somit also sehr wichtige und bedeutungsvolle
Veranstaltungen mit Folgen!
Degustationen gibt es in mehreren Varianten:
Oft wird eine 'horizontale Degustation' mit mehreren Champagnern
ähnlicher Genres aus verschiedenen Häusern angeboten.
Diese Art der Degustation ist sehr interessant, da auch Champagner
der gleichen oder ähnlichen Sorte (und u. U. sogar des gleichen
Jahrgangs) geschmacklich stark voneinander abweichen können.
Manchmal wird auch eine 'Bombe' zusätzlich eingespielt,
wobei es sich z.B. um einen fantastischen, würdigen Champagner
handeln kann, der einfach den Rahmen sprengt.
'Vertikale Degustationen' andererseits befassen sich beispielsweise
mit verschiedenen Jahrgängen .
Bei einer offenen Degustation sind die Champagner in jedem
Glas bekannt. Bei einer halb-blinden Degustation sind
die Champagner zwar auch bekannt, aber nicht, welcher Champagner
sich in welchem Glas befindet. Bei einer blinden Degustation
(Blindprobe, 'verdeckt') werden die Flaschen mit Papier oder
Tüchern verhüllt. Auch die originalen Korken der Champagner
werden durch einfache Spitzkorken ersetzt.
|