Körper
John McCabe
Der umfassende, geschmacklich wie optisch gewonnene Eindruck
der Substanz eines Weines wird als Körper bezeichnet.
Jeder Wein hat grundsätzlich 'Körper', nur mancher
eben mehr und mancher auch weit weniger. Die Gewichtung der Substanz
des Körpers wird primär aus dem Eindruck im Gaumen
gefolgert. Sekundär wird auch eine optische Prüfung
herangezogen.
Das Zusammenspiel zwischen bestimmten Komponenten, insbesondere
des Extraktes
und der verschiedenen Alkohole,
bedingt einen mehr oder minder gewichtigen Eindruck dieser Substanz
im Gaumen. Kenner erfassen diesen Eindruck des 'Körpers'
und beschreiben ihn folglich mit treffenden Worten aus der deutschsprachigen
Wein-Ansprache wie z.B. voll, füllig, mächtig,
körperreich, wuchtig, schwer, dünn oder körperarm.
In der französischen Wein-Anspache begegnen uns ebenfalls
'Körper-Begriffe' wie z.B. charnu (körperreich,
viel Substanz, fast 'fleischig') oder charpenté (alkoholreich,
sehr geschmackvoll und gleichzeitig wohl balanciert).
'Körperreich' bedeutet entgegen der häufigen Auffassung
jedoch nicht, dass der Wein lediglich viel (Äthyl-)Alkohol
aufweist oder dass 'viel Körper' bei einem Wein unbedingt
ein positives Qualitätsmerkmal sein muss (auch eine häufige
Auffassung), sondern bemüht eher die Qualifikation des Eindrucks
von 'Substanz' bzw. 'Gewicht' eines bestimmten Weines relativ
zu einer bestimmten Weinsorte.
Somit ist eine gewisse 'Leichtigkeit' und 'Finesse' bei Champagnern
wie auch vielen anderen weißen Weinensorten genau richtig.
Ein körperreicher, großer Burgunder oder Châteauneuf-du-Pape
ist natürlich auch genau richtig. Ein Champagner, Riesling
oder Chablis darf jedoch vom Körper her nicht etwa an einen
Burgunder oder Cabernet erinnern. Selbst wenn der Wein herrlich
'schmeckt', könnte zu viel Körper auf mangelnde Balance
beim geprüften Exemplar einer bestimmten Weinsorte hinweisen.
Der Wein wirkt dann untypisch und fremdartig, weil
er die typischen Merkmale dieser Weinsorte nicht aufweist.
Ein herrlicher
Champagner z.B. kann im Vergleich mit anderen Champagnern 'viel
Körper' aufweisen. Ein fantastischer Burgunder kann ebenfalls
mit 'viel Körper' überzeugen. Nacheinender genossen
vermag der Burgunder 'mehr Körper' als der Champagner vermuten
lassen. Die Folgerung jedoch, dass somit ein Burgunder 'mehr
Köper' als ein Champagner habe, dürfte vielen Kennern
ebenso falsch erscheinen wie z.B. zu behaupten, dass ein komfortabler,
großer Mercedes 'mehr Auto' darstellt als z.B. ein eleganter,
sportlicher Porsche.
Solange eine empfundene Körperreiche nicht den grundsätzlichen
Rahmen
des Charakters einer bestimmten Weinsorte sprengt, ist 'viel
Körper' als eine positive Wertung zu verstehen.
Sekundär spielt auch der optische Eindruck eine Rolle.
Optisch können manche Weine im Vergleich zu Exemplaren derselben
Weinsorte beim Schwenken im Glas etwas 'dickflüssiger' erscheinen.
Dies gilt generell als ein optischer Hinweis auf 'Körper'.
Als eine weitere Referenz für 'Körper' wird u. a.
die Betrachtung der 'Kirchenfenster'
herangezogen. Bei Champagnern wird auch das Verhalten der Perlen
beobachtet. Während z. B. bei einem Champagner die Perlen
schnell auf der Oberfläche zerplatzen, benehmen sich die
Perlen eines anderen Champagner u. U. gemächlicher und 'cremiger'.
Der letztere Champagner dürfte somit vergleichsmäßig
mehr 'Körper' aufweisen. Auch die Farbintensität des
Weines kann in die Gesamtgewichtung des Körpers mit einfließen.
Siehe auch Degustation
Hinweis: Die Bilder der Etiketten lassen sich durch Anklicken
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