Die Vektorrepräsentation der Farben
Auf Graßmann (1853) geht die Darstellung von Farben
als Elemente eines dreidimensionalen Vektorraums zurück.
Krantz (1975a) axiomatisiert diesen Ansatz im Rahmen der Meßtheorie
von Krantz, Luce, Suppes und Tversky (1971). Die nun dargestellte
Theorie zur Struktur der Farben basiert im wesentlichen auf den
Ausführungen von Krantz (1975a) und greift auch weitgehend
auf dessen Notation zurück. Um die Struktur der Farben
wissenschaftlich zu untersuchen, sind die im folgenden dargestellten
Definitionen von drei Abbildungen sehr grundlegend, denen sich
jeweils auch ein empirischer Sachsinn im Farbmisch-Experiment
zuordnen läßt:
Sei eine Menge
von Reizen, beispielsweise eine Menge von Farbreizen, die durch
additive Mischung dreier Primärreize erzeugt werden kann;
es handelt sich dabei auf jeden Fall um physikalische Gegebenheiten.
Dann lassen sich die folgenden Abbildungen bzw. Relationen auf
der Menge der Reize definieren und mit einem entsprechenden Sachsinn
versehen:
bezeichne
die räumliche oder zeitliche Überlagerung bzw. Mischung
zweier Reize.
bedeute die
Steuerung oder Variation der Reizintensität, z.B.
durch Verwendung eines Graukeils.
gelte bei
visueller Äquivalenz bzw. Metamerie, also bei empfundener
Gleichheit zweier Reize.
Bei den ersten beiden Abbildungen handelt es sich um physikalische
Veränderungen des Reizes; bei der an dritter Stelle genannten
Relation dagegen um die (psychologische) Beurteilung zweier Reize.
Graßmanns (1853) Gesetze besagen nun, daß sich additive
Farbmischung als positive Halbgruppe mit Aufhebungseigenschaft
und Intensitätsveränderungen als skalare Vektormultiplikation
auffassen lassen:


Es gilt also: Die additive Mischung von Farben, experimentell
realisierbar beispielsweise durch Übereinander-Projizieren
von Farbreizen, erfüllt die Bedingungen für ein kommutative
Gruppe mit Aufhebungseigenschaft.

Hier gilt somit: Die Multiplikation mit einer skalaren Konstanten
t läßt sich als skalare Multiplikation auf
beschreiben; es handelt sich dabei um die
Variation der Intensität (Helligkeit) eines Farbreizes.

Anders formuliert: Dieses Gesetz befaßt sich mit der
Metamerierelation ,
die empirisch der empfundenen Gleichheit von Farben entspricht.
Farben lassen sich dementsprechend als Äquivalenzklassen
subjektiv gleichartiger Farbreize, ausgedrückt durch
die Relation , definieren.

Dieses Gesetz, auch als drittes Graßmannsches Gesetz
bekannt, beschäftigt sich mit der Verträglichkeit von
uns :
Die Metamerierelation zwischen zwei Farben bleibt auch dann erhalten,
wenn zu beiden eine jeweils gleiche dritte Farbe hinzugemischt
wird.

Dieses Gesetz beschäftigt sich mit der Verträglichkeit
von uns . Die Metamerierelation zwischen zwei Farben
bleibt auch dann erhalten, wenn die Intensität beider Farben
um den gleichen Betrag erhöht oder verringert wird (beispielsweise
bei Betrachtung durch einen Graufilter).

Der erste Teil von Axiom 6 besagt: Werden genau die selben
vier Farben in unterschiedlichen Verhältnissen
gemischt, lassen sich dennoch immer verschiedene Mischungsverhältnisse
finden, die metamere Reize bilden (d.h. bei vier Farben gibt
es immer verschiedene Möglichkeiten, sie zu einer bestimmten
Farbe zu kombinieren). Der zweite Abschnitt von Axiom 6
kann so formuliert werden: Metamerie einer Mischung aus drei
Farbreizen läßt sich nur bei gleichem Mischungsverhältnis
erzeugen (d.h. bei drei Farben gibt es genau eine einzige Möglichkeit,
diese so zu mischen, daß deren Mischung zu einer bestimmten
anderen Farbe metamer ist). Man kann nun drei solcher Farben
festlegen, aus denen sich alle anderen ermischen lassen:

Die hier zusammengestellten Axiome lassen sich in physikalische
und psychologische einteilen: Die Axiome 1 und 2
befassen sich mit den physikalischen Eigenschaften von Farbmischungen,
die Axiome 3 bis 6 können als Neuformulierung der Graßmannschen
Gesetze betrachtet werden, die die Farbwahrnehmung betreffen.
Bei Vorliegen einer Graßmann-Struktur, also bei Zutreffen
der gerade angegebenen Axiome, lassen sich Farben durch dreidimensionale
Vektoren repräsentieren; von Krantz (1975a) wurden dazu
die folgenden Theoreme aufgestellt:

Die Abbildung ist ein Homomorphismus
der Graßmann-Struktur
auf , wobei C
ein konvexer Kegel in V ist; die Eigenschaft 4 garantiert
dabei, daß es sich bei V um einen minimalen Vektorraum
handelt, da sich jedes Element von V als Differenz von
Elementen und aus C erzeugen läßt.


Wie (insbesondere durch Theorem1) gezeigt wird, läßt
sich die Menge der Farbreize somit strukturerhaltend in einen
Vektorraum abbilden: Der psychologische Teil des Gedankengangs
besteht nun darin, diesen Raum abzubilden auf einen Vektorraum
von Äquivalenzklassen von Reizen (diese Äquivalenzklassen
nennen wir dann Farben); dieser Raum wiederum kann dann
auf den numerischen Vektorraum
abgebildet werden. Die zulässigen Transformationen T
aus Theorem 2 drücken die Beliebigkeit der Auswahl
das Tripels an Primärfarben aus.
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