Austern als Aphrodisiakum #1
John McCabe

Der menschliche Aberglaube hat über die Jahrhunderte fast zahllosen Naturprodukten den Ruf als Aphrodisiakum angedichtet. Viele Wissenschaftler sind sich heute einig, dass etwa Anis, Enzian, Knoblauch, Fenchel, Meerrettich, in säurehaltigen Flüssigkeiten gelöste Perlen, Petersilie, Mandeln, Zimt, Muskatnüsse, Spargel, Kaviar, Kartoffeln, gemahlene Hirschgeweihe oder gar die Hoden von Stieren (auch als "Rocky Mountain Oysters" bekannt) weniger eine aphrodisierende Wirkung, sondern vielmehr einen ausgeprägten Placeboeffekt besitzen. Nach Analyse der reichhaltig geballten Nährstoffe in der Auster stimmen viele Wissenschaftler bemerkenswerterweise den alten Griechen jedoch zu, dass es sich bei Austern tatsächlich um ein ernst zu nehmendes Aphrodisiakum handeln könnte. Eine Gruppe italienischer und amerikanischer Wissenschaftler hat im Jahre 2005 bei der Konferenz "American Chemical Society Meeting" in San Diego, USA, die vorläufigen Resultate ihrer Studie vorgestellt, welche besagt, daß mindestens drei Muschelarten (Austern, Miesmuscheln und Venusmuscheln) Substanzen enthalten, welche eine Steigerung der Sex-Hormone bedingen. Dabei soll es sich um "D-aspartic acid (D-Asp)" und "N-methyl-D-aspartate (NMDA)" handeln (Link zur Pressemitteilung unten).

Das Wort "Aphrodisiakum" ist von der "vom Schaum des Meeres geborenen" griechischen Liebesgöttin Aphrodite abgeleitet, welche natürlich einer Auster entsprang (Abb.: attische Pelike 370 - 360 v, Chr.).

Austern sind enorm reich an Zink. Schon eine Auster kann mit 15 Milligramm Zink den Tagesbedarf decken. Mit Abstand dürfte die bescheidene Auster als die konzentrierteste "Zinkbombe" der Natur gelten. Dieses Mineral unterstützt die Produktion des (männlichen) Sexualhormons Testosteron. Angeblich soll jede Ejakulation ca. fünf Milligramm Zink verbrauchen. Mangel an Zink dagegen kann bei Männern (u.a.) zu Unfruchtbarkeit und Impotenz führen.

Austern mangelt es auch kaum an mächtigen historischen Zeugen ihrer Macht als Aphrodisiakum. Bei den Orgien der Schönen und Reichen im alten Rom durften sie nicht fehlen. Der berühmteste Charmeur aller Zeiten, Giacomo Casanova de Seingalt, kam offenbar nicht ohne mindestens 50 Austern pro Tag aus. In zahllosen Séparées der Belle Epoque begann nahezu jedes Liebesmahl mit Austern. Hier wurden die Austern zugleich unzertrennlich mit dem König der Weine, dem Champagner, vermählt. Diese geschmacklich äußerst gelungene Verbindung wird noch heute von vielen "Casanova-Jüngern" auf aller Welt als absolutes "Liebesrezept der Manneskraft" standfest empfohlen - insbesondere am "Tag der Verliebten", dem Valentinstag. Schon der Anblick der Form des Austernfleisches und das genüßliche Schlürfen dieser zarten Delikatesse soll bei manchen fantasiebegabten Männern angeblich gewisse erotische Vorstellungen bewirken.

Die Grenzen zwischen Hokuspokus und der Wissenschaft haben sich ja bekanntlich schon öfters hin und her verschoben. Aber übermäßige Skepsis soll die angebliche Wirkung aller Aphrodisiaka schon im Vorfeld nichtigen. Eine gewisse Portion "Glaube" dürfte wohl auch bei Austern wünschenswert sein. Und wer sich diesen Glauben im Umfeld von Skeptikern nicht unnötig verderben lassen möchte, kann immer überzeugend darauf verweisen, daß Austern einfach hervorragend schmecken und zusätzlich vielleicht lächelnd anmerken, daß er ohnehin kein Aphrodisiakum benötigt, da er ja erfreulicherweise bereits mit einem "Überschuß an Manneskraft" von der Natur begnadet wurde. Er hält sich dann einfach heimlich mit Casanova, welcher sicherlich auch nicht viel Zeit für Skeptiker aufbringen konnte. Christian Rätsch bringt es im "Lexikon der Lebensmittel" treffend auf den Punkt: "Aphrodisiaka erforscht man nicht in einer Klinik,sondern im eigenen Bett".

Einen interessanten Bericht zum Thema "Zink" allgemein in unserem körperlichen Haushalt finden Sie hier:

https://magazin.orf.at/bgldmagazin/imland/geniessen/stories/30173/

Pressemitteilung zu einer neuen wissenschaftlichen Studie (2005):

https://my.webmd.com/content/article/102/106613.htm

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