Die Austernarten der Familie "Ostreidae".
John McCabe

Austernarten der Familie Ostreidae werden von Wissenschaftlern manchmal auch als "Echte Austern" bzw. "True Oysters" bezeichnet. In dieser Familie befinden sich jene Austernarten, die als schmackhaft und äußerst nährstoffreich gelten. Besonders wichtig sind dabei die zwei Unterfamilien der "Ostreinae" und "Crassostreinae".

In der Unterfamilie der Ostreinae befinden sich mehrere Gattungen: Ostrea, Pretostrea, Planostrea, Pustulostrea, Nanostrea, Booneostrea. Die bedeutendste Gattung dieser Unterfamilie trägt den lateinischen Namen Ostrea (Linnaeus, 1758). Die Gattung Ostrea enthält viele kulinarisch gewichtige Austernarten wie z.B. "Ostrea edulis", was für die beliebte Europäische Auster steht.

Die Unterfamilie der Crassostreinae hat auch einige Gattungen: Crassostrea, Saccostrea, Striostrea.
Die bedeutendste Gattung dieser Unterfamilie trägt den lateinischen Namen Crassostrea (Sacco, 1897). Diese Gattung enthält etliche lukullisch beachtliche Austernarten wie z.B. "Crassostrea gigas", die Bezeichnung der beliebten Pazifischen Auster.

Erkennungsmerkmale

Man erkennt den Unterschied zwischen den "Ostreinae" und "Crassostreinae" fast immer auf den ersten Blick. Mitglieder der Ostreinae (wie z.B. die Europäische Auster) weisen eine eher flache, symmetrisch rundliche Schalenform auf. Beide Schalenhälften sind sehr ähnlich, eine Hälfte ist lediglich etwas tiefer als die andere. Sie haben das typische "Muschel-Aussehen".


Europäische Austern sind flach, rundlich und haben symmetrisch wirkende Schalenhälften. Nicht selten tragen sie Herkunftsbezeichnungen. Bei der berühmtesten Austernsorte der Welt handelt es sich um eine Europäische Auster mit dem Namen "Belon" (nach dem gleichnamigen Fluss und dem Dorf Riec-sur-Bélon; siehe auch südliche Bretagne")

Mitglieder der Crassostreinae (wie z.B. die Pazifische Auster) weisen eine vielmehr bauchige, unsymmetrische und längliche Schalenform auf. Eine Schalenhälfte ist unverkennbar bauchig, während die Andere flach ist. Sie sehen oft wie das klassische "Töpfchen-mit-Deckel" aus. Oft wirkt die Schale grob, schuppig und zerklüftet. Im Gegensatz zu den oben erwähnten "Ostreinae", legen die Mitglieder der "Crassostreinae" keinen Wert auf "symmetrisches Wachstum" in freier Wildbahn. Die Schalenform entspricht der Bodenbeschaffenheit und der Umgebungsströmung. Sie wachsen gerade, krumm, oval, rund oder auch bisweilen sehr länglich (fast wie eine Wurst), über Steine hinweg und gerne auch "um die Ecke" wie eine Banane. Das gleichförmige Aussehen dieser Austerngruppe im Handel oder Restaurant, ist der Pflege der Austernbauern zu verdanken. Diese können die Schalenform ein wenig mitbestimmen und die "kreativen Schalenformen" schon vor dem Versand aussortieren. "Crassostreinae" wachsen allgemein auch wesentlich schneller als ihre Schwestern "Ostreinae".


Drei typische "Crassostreinae" Links: Amerikanische Auster (Crassostrea virginica). Typisch im Handel an der Ostküste der Vereinigten Staaten. Das abgebildete Exemplar ist ca. 8 cm lang. Mitte: Kumamoto-Auster (Crassostrea sikamea). Eine kulinarische Besonderheit an der Westküste der Vereinigten Staaten und Japan. Rechts: Pazifische Auster (Crassostrea gigas). Typisch im Handel in Europa, an der Westküste der Vereinigten Staaten, Japan und China.


Links: Pazifische Auster (Crassostrea gigas). Dieses Exemplar ist ca. 10 cm lang, 7 cm an breitester Stelle. Länglich. Ungestüme, furchige Schalenform (verikaler max. Duchmesser ca. 4 cm); kräftige, schnabelartige Spitze im Scharnierbereich. Eine Schalenhälfte ist flach, die andere Schalenhälfte ausgeprägt bauchig geformt. Rechts: Europäische Auster (Ostrea edulis). Ca. 8 cm lang, 7 cm breit. Rundlich geformt (vertikaler max. Durchmesser ca. 2 cm). Flache, symetrisch anmutende Form, wobei eine Schalenhälfte mehr oder minder flach ist, während die andere Schalenhälfte leicht bauchig ist. Dezent geformte Spitze im Scharnierbereich.

Zudem vermehren sich die "Ostreinae" etwas anders als die "Crassostreinae" (siehe"Biologie"). Ebenso sind sie in der Kultivierung eher kompliziert, während sich die "Crassostreinae" hingegen unkompliziert anbauen lassen und längst die besten Freunde aller Austernbauern sind (siehe auch "Kultivierungsmethoden").

Beide Austerngruppen sind sich geschmacklich zwar ähnlich, weisen jedoch untereinander geschmackliche Besonderheiten auf. Austernliebhaber haben zwar oft ihre Spitzenreiter in der einen oder anderen Gruppe, jedoch schmecken ihnen sicher beide Austernarten hervorragend. Im Handel kosten die "Ostreinae" jedoch mindestens doppelt bis dreifach so viel wie die "Crassostreinae".

Europäischen Austernliebhabern begegnen in erster Linie zwei Austernarten: die Europäische Auster (aus der Ostreinae-Gruppe) und die Pazifische Auster (aus der Crassostreinae-Gruppe). Bei einer Europäischen Auster ("Ostrea edulis") hat der Genießer gerade ein wahres Urgestein verzehrt, das bereits seit der Frühzeit in Europa zuhause ist. Bei der Pazifischen Auster ("Crassostrea gigas") geniesst er einen asiatischen Einwanderer, der erst seit den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts in den französischen Küstengewässern beheimatet ist.

Arten

Ostrea im Detail

* Ostrea edulis
Umgangssprachlich auf Deutsch: Europäische Auster

* Ostrea lurida (oft auch als Ostrea conchaphila klassifiziert)
Umgangssprachlich:
Deutsch: Olympia-Auster,Westamerikanische Auster
Englisch: Olympia oyster, Oly


Olympia Auster. Sie war einst unter den amerikanischen Goldgräbern sehr begehrt.

* Ostrea angasi
Umgangssprachlich:
Englisch: Australian Flat, Australian flat oyster, Bluff Oyster, Mud oyster, Tasmanian flat oyster, Port Lincoln oyster, Stewart Island oyster, Tasmanian flat oyster

* Ostrea chilensis (auch als "Tiostrea chilensis" klassifiziert)
Umgangssprachlich:
Deutsch: Chilenische Auster
Englisch: Chilean oyster, New Zealand Flat oyster

Crassostrea im Detail

* Crassostrea gigas
Umgangssprachlich auf Deutsch: Pazifische Auster, Japanische Auster, Große Auster.

* Crassostrea angulata
Umgangssprachlich auf Deutsch: Portugiesische Auster

* Crassostrea virginica
Umgangssprachlich auf Deutsch: Amerikanische Auster

* Crassostrea ariakensis (auch als Crassostrea rivularis, Crassostrea discoidea, Crassostrea paulucciae klassifiziert)
Umgangssprachlich: Deutsch: Chinesische Auster
Englisch: Chinese Oyster, Suminoe, Suminoe oyster

* Crassostrea rhizophorae
Umgangssprachlich:
Deutsch: Mangrovenauster
Englisch: Mangrove Oyster
Französisch: Huître creuse des Caraïbes
Spanisch: Ostión de mangle.
**Anm: Mindestens vier weitere Austernarten werden als "Mangrove Oyster" bzw. "Mangrovenauster" bezeichnet: Crassostrea corteziensis (auch als "Cortez Oyster" bekannt; u.a. Florida; Karibik), Crassostrea. brasiliana (Südamerika) und Crassostrea gasar (Südamerika und Afrika). Crassostrea tulipa gilt heute weitgehend als Synonym für Crassostrea gasar (Marozova et al., 1991).

* Crassostrea sikamea (manchmal auch als Crassostrea kumamoto, Crassostrea gigas kumamoto und Ostrea gigas kumamoto klassifiziert)
Umgangssprachlich:
Deutsch: Kumamoto-Auster
Englisch: Kumamoto oyster, Kumo

* Crassostrea iredalei
Englisch: Slipper (cupped) oyster, Philippine oyster
Französisch: Huître creuse chausson

* Crassostrea belcheri (auch Crassostrea nippona)
Umgangssprachlich:
Englisch: Iwagaki oyster, Wild rock oyster, Summer oyster

* Crassostrea lugubris
Umgangssprachlich:
Englisch: Lugubrious (cupped) oyster

* Crassostrea iridescens
Umgangssprachlich:
Englisch: Rock oyster

* Crassostrea echinata
Englisch: Northern oyster

Saccostrea im Detail

* Saccostrea glomerata (auch als Crassostrea commercialis und Saccostrea commercialis klassifiziert; oft mit Saccostrea cucullata verwechselt) (Link)
Umgangssprachlich:
Deutsch: Sydney-Felsenauster
Englisch: Sydney rock oyster, NSW rock oyster

* Saccostrea cucullata (auch als Ostrea forskali klassifiziert)

Der Austern-Wirrwarr

Ganz so einfach macht es uns die Natur jedoch nicht. Unter den eher unsymmetrisch länglichen, und bauchförmigen "Töpfchen-mit-Deckel" Austern (Unterfamilie Crassostreinae) gibt es neben der Gattung Crassostrea noch eine weitere bedeutende Gattung, die von Wissenschaftlern oft und gerne als "Saccostrea" (Dollfuss & Dautzenberg, 1920) bezeichnet wird. Diese Gruppe weist eine ausgeprägte Höhlung des "Schnabels" (sog. "Umbo") beim Scharnier der Auster auf. Die Mitglieder der Unterfamilie "Ostreinae" weisen keine Höhlung in diesem Bereich auf. Die Austern der Gattung "Crassostrea" haben vergleichsweise nur eine eher bescheidene Höhlung im "Schnabel". Zudem ist die Schalenform dieser "Saccostreinae" ähnlich einem Füllhorn. Alle wissenschaftlichen Bezeichnungen der Mitglieder der Gattung "Saccostrea" fangen folglich mit "Saccostrea" an, gefolgt von einem weiteren lateinischen Ausdruck (Beispiel: "Saccostrea cucullata"). Obwohl oben erwähnte Austernliebhaber eine Muschel dieser Gattung in Europa oder USA wohl nie serviert bekommen werden, spielt "Saccostrea" in Australien und Asien eine bedeutende Rolle.

Zusätzlich muss angemerkt werden, dass es in Büchern und Onlineverzeichnissen oft zur Vermischung der wissenschaftlichen Bezeichnung von "Crassostrea" und "Saccostrea" kommen kann. Dort wird eine "Saccostrea-Auster" oft als "Crassostrea-Auster" dargestellt ("Crassostrea commercialis" oder "Saccostrea commercialis"). Hinzu kommt, dass es manchmal mehr als eine lateinische Zusatzbezeichnung für dieselbe Austernart geben kann ("Saccostrea commercialis" oder "Saccostrea glomerata"). Erweitert man das Spiel dann noch um die regional umgangssprachlichen Ausdrücke, dann kann es manchmal (sogar unter Wissenschaftlern) zu etwas Durcheinander kommen.

Perfekt wird das Chaos mit der sporadischen Nutzung des Gattungsnamens "Gryphaea" (Lamark, 1801) bei den heutigen Austernarten. Früher wurde die Gattung Crassostrea unter Wissenschaftlern oft als Gryphaea charakterisiert. Manche Wissenschaftler bleiben dieser Gattungsbezeichnung noch heute treu. Der berühmte französische Naturwissenschaftler Lamark hatte beispielsweise die Portugiesische Auster als "Gryphaea angulata" bezeichnet. Mehr als hundert Jahre hinweg wurde diese Austernart so genannt. Erst später setzte sich die Bezeichnung "Crassostrea angulata" verstärkt durch. Der bekannte Naturwissenschaftler C.M. Yonge erklärt einleuchtend in seinem bedeutenden Buch "Oysters", dass die Gattungsbezeichnung "Gryphaea" eindeutig nicht zur Portugiesischen Auster passt. "Gryphaea" bezeichnet ausgestorbene Urformen der Gattung Crassostrea, welche passender unter den Fossilien einzuordnen wären (siehe Urzeit).

Anzumerken ist auch, dass es in der Familie der Ostreidae neben den Unterfamilien Ostreinae und Crassostreinae noch eine bedeutende Unterfamilie mit der Bezeichnung "Lophinae" gibt. In dieser Unterfamilie befinden sich ebenfalls mehrere Gattungen: Lopha, Dendostrea, Alectryonella, Anomiostrea. Die bedeutendste Gattung in dieser Unterfamilie ist "Lopha". Da die Arten der Unterfamilie Lophinae kulinarisch jedoch weitgehend unbedeutend sind, werde ich sie vielleicht erst zu einem späteren Zeitpunkt näher kommentieren.

Im Überblick:

* Familie: Ostreidae

** Unterfamilie: Ostreinae
*** Gattungen: Ostrea, Pretostrea, Planostrea, Pustulostrea, Nanostrea, Booneostrea

** Unterfamilie: Crassostreinae
*** Gattungen: Crassostrea, Saccostrea, Striostrea

** Unterfamilie: Lophinae
*** Gattungen: Lopha, Dendostrea, Alectryonella, Anomiostrea

Ein kleiner Einblick in die Arten der Austernfossilien hier: Urzeit

Die bedeutendsten Perlausternarten können Sie hier einsehen: Perlaustern

 

Hyotissa (Parahyotissa, Pycnodonte, Pycnodonta, Phygraea)

* Hyotissa hyotis
Anmerkung: Die Einordnung dieser bemerkenswerten Auster ist für mich derzeit leider noch schwierig bzw. könnte falsch sein! Mein Problem bei der sachgerechten Zuordnung:
Hyotissa imbricata (Lamarck, 1819)
Ostrea imbricata (Lamarck, 1819: 213.)
Ostraea imbricata (Sowerby, 1871)
Dendostrea imbricata (Habe, 1951)
Pretostrea imbricata (Habe & Kosuge, 1967)
Hyotissa hyotis forma imbricata (Stenzel, 1971)
Hyotissa hyotis imbricata (Habe & Okutani, 1975)
Parahyotissa imbricata (Harry, 1985)
Pycnodonte hyotis (Linnaeus, 1758)
Hinweise dazu (wie natürlich in allen Bereichen hier bei Austern.com) werden dankend von mir angenommen.

Hyotissa hyotis gilt laut manchen Quellen als eine bedeutende kulinarische Auster. Sie existiert vorwiegend im westpazifischen Raum, Südafrika und, laut manchen Quellen, scheinbar auch im Roten Meer. Offenbar sollen Exemplare auch im westatlantischen Raum (Brasilien) existieren. Sie wird nicht kultiviert.
Bei dieser Austernart besteht auf jeden Fall weitläufige Verwechslung mit der berühmtesten "Zick-Zack-Auster" Lopha cristagalli. Letzlich habe ich ein Schalenexemplar aus fernen Landen ausfindig gemacht und bestellt. Der Unterschied liegt unter anderem im Muster des "Zick-Zacks". Lopha cristagalli (links in der Abb.) bietet ein scharf definiertes "/\/\/\" Muster, während Hyotissa hyotis (rechts) ein ungleichmäßiges und dezenteres "^^^" Muster bietet. Hyotissa hyotis ist eine beeindruckende Auster. Die Schale meines Exemplars ist groß (rundlich, 20 cm) und überraschend schwer (915 g). Sie ist lediglich an den Rändern rippig, anderweitig rundlich, flach und oberflächlich ungestüm geformt. Die Schließmuskelnarbe ist ausgesprochen groß und auf der linken wie auch rechten Schalenhälfte bräunlich-violett gefärbt:

Abbildung 1
Abbildung 2
Abbildung 3

Bei den nachfolgenden Abbildungen handelt es sich um mehrere Lopha cristagalli Exemplare in einem großen Klumpen. Allesamt haben sie sich an einer Stachelauster (Familie der Spondylidae) befestigt:

Abbildung 1
Abbildung 2 (Unterseiten mit Befestigung am Ansatz der Stachelauster)

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