Europäische Auster (Ostrea edulis; Linnaeus, 1758) Die Europäische Auster ist, wie ihre umgangssprachliche Bezeichnung vermuten lässt, in den Küstengewässern Europas beheimatet. Schon bei den alten Griechen und Römern galt sie als kostbare Delikatesse. Keine andere Austernart der Welt kann auch nur annähernd eine höhere kulturhistorische Bedeutung aufweisen. Die Europäische Auster gilt als "die Königin der Meere". Einst regierte sie souverän von den Fjorden Norwegens, über die Buchten von Großbritannien und Irland, dem deutschen Wattenmeer, Holland, Belgien, der gesamten französischen Atlantikküste, Spanien, Portugal fortgesetzt nach Marokko und dem Mittelmeerraum bis hin zur Küste des Schwarzen Meeres. Mitte des 19. Jahrhunderts verdrängte die Einführung der Portugiesischen Auster (Crassostrea angulata) die Europäische Auster zunehmend und letztlich fast vollständig aus ihrem historischen Lebensraum an der atlantischen Küste Europas. Vielerorts galt die Europäische Auster durch die rücksichtslose Überfischung bereits ohnehin als ausgerottet. Wo sie noch existierte war sie äußerst rar. Letztlich bestimmte die Portugiesische Auster weit über 90% der gesamten Austernproduktion Europas. Als Austernkrankheiten fast ein Jahrhundert später (Ende der 60er Jahre des 20. Jahrhunderts) diesen mächtigen natürlichen Konkurrenten nahezu vollständig vernichteten, wurde den noch verbleibenden Beständen der Europäischen Auster nur wenige Jahre später (Anfang der 70er Jahre des 20. Jahrhunderts) ein ähnliches Schicksal zuteil (Viren "Marteilia refringens" und "Bonamia ostreae"). Die inzwischen schwer angeschlagene Austernindustrie Europas erholte sich jedoch nur wenige Jahre später mit der sehr erfolgreichen Einführung der Pazifischen Auster (Crassostrea gigas). Dieser (wie der lateinische Zusatz "gigas" schon erahnen lässt) Gigant unter den Austern entfaltete sich in den europäischen Gewässern sogar noch besser als der ehemalige Champion, die Portugiesische Auster, und bestimmt bis heute weit über 90% der europäischen Austernproduktion. Obwohl es noch begrenzte natürliche Bestände der Europäischen Auster in Schottland, Irland und an der Küste Frankreichs gibt, ist ihr Bestand in freier Wildbahn (an der Atlantik-Küste) bereits seit Jahrzehnten von "Austernbabys" aus französischen Zuchtlaboren und auch besonderen Kollektoren im Meer zum Fang natürlich vorkommender Larven abhängig. Die Europäische Auster stellt lediglich noch einen einstelligen Prozentsatz des gesamten Austernfangs Europas. Im internationalen Austernfang kulinarischer Austern stellt sie ca. 0,02 %. Dieser geringe Prozentsatz ist jedoch handelsmäßig sehr kostbar. Unter vielen Austernliebhabern gilt sie noch heute als das kulinarische "non plus ultra". Bezeichnungen in verschiedenen Sprachen Neben den verschieden sprachlichen Bezeichnungen der Austernart begegnet die Europäische Auster dem Liebhaber auch öfters mit regionalen Handelsnamen (wie "Belon" aus Frankreich, "Galway" aus Irland oder "Colchester, Helford, Whitestable" aus England). Diese örtlichen Bezeichnungen sind für viele Kenner wichtig, da Austern geschmacklich von ihrem tatsächlichen Lebensraum geprägt werden. Wie bei Wein ist auch bei Austern die Rede von "Terroir". Länder mit bedeutender Kultivierung der Europäischen
Auster Schale Kultivierungsmethoden Die Europäische Auster gedeiht von Natur aus gut in seichten Küstenbereichen, die von den Gezeiten regelmäßig geflutet und geleert werden, wie auch in etwas tieferen Küstengewässern, welche immer vollständig von Wasser bedeckt sind. Sie bevorzugt offene Buchten mit stabiler Salinität (Atlantik, Mittelmeer). Baien, deren Salzgehalt durch üppigen Zufluss von Süßwasser reduziert wird, verschmäht sie eher. Eine meeresbiologische Studie der Larven der Europäischen Auster zeigte, dass sinkende Salinität auch fallendes "Interesse" am Sesshaft werden einher brachte. So bewirkte 26-27 ppt in einer Laborprüfung 141 Austernbabys auf dem Kultivierungssubstrat. Ein Salzgehalt von 25 ppt führte zu 325 Austernbabys, 22.5 zu 146 Stück und 20 ppt zu 76 Babys. Bei einer Salinität von 17.5 ppt wurden nur noch 15 Austernbabys gezählt und bei 15 ppt (oder weniger) gar keine. In tieferen Gewässern, bei ca. 3-15 m, setzen viele Austernbauern bei der Kultivierung an. Erfolg versprechend bei dieser Art der Kultivierung ist die weitgehende Unabhängigkeit von den Gezeiten. Es handelt sich dabei vorwiegend um Bodenkultivierung auf verhältnismäßig festem Meeresboden. Die Gebiete unter Wasser werden (wie Ackerland) vermessen und geordnet. Neben der traditionelle Fangmethode der Austernlarven mittels kalkbeschichteter Kollektoren, stammen Austernbabys mittlerweile auch aus Zuchtlaboren, da eine ausreichend natürliche Vermehrung vielerorts bei kommerzieller Kultivierung nicht mehr gesichert ist. Austernbabys aus meeresbiologischen Laboren auf zerbrochenem Schalengut (Miesmuschel-, Kammmuschel-, Austernschalen) werden dann "gesät". Wichtig ist die Dichte der Besiedlung. Sie entspricht lediglich ca. einem Zehntel der Besiedlung der Pazifischen Auster. Dies gilt insbesondere für die vielen Kultivierungsgebiete, in denen die Austernkrankheit "Bonamia" eine ernsthafte Bedrohung ist. Diese Austernkrankheit kann eine eng besiedelte Kolonie der Europäischen Auster mit rasender Geschwindigkeit infizieren. Befallene Gebiete werden in der Regel über eine oder mehrere Saisonen brach gelegt. Meeresströmungen und Stürme können zudem zeitweilig eine große Anzahl der kultivierten Austern verlagern. Der Fang der Austern wird oft mit Schürfnetzen getätigt. In manchen Gebieten werden Taucher eingesetzt, welche die marktreifen Austern auf dem Meeresboden aufsammeln und ihre gefüllten Körbe dann an Bord ziehen lassen. Diese kostspielige Fangmethode ist im Gegensatz zur Schürfnetzmethode behutsam, da marktunreife Austern und die bestehende ökologische Umwelt ungestört bleiben. Europäische Austern erreichen durchschnittlich eine maximale Größe von ca. 110 mm. Zeitweilig werden jedoch auch größere Exemplare gehoben. Im Gegensatz zu den großen Exemplaren der Pazifischen Austern, gelten große Europäische Austern als selten, kostbar und heiß begehrt (in Frankreich als "Pied de cheval" bzw. "Pferdefuß" bezeichnet). Die Europäische Auster wird von manchen Austernbauern in Frankreich (vorwiegend in der Bretagne) zusätzlich über mehrere Wochen in besonders nahrungs- und mineralienreichen Flussmündungen verfeinert. Das Austernfleisch nimmt bei diesem "Kuraufenthalt" einen besonderen Geschmack an, der unter vielen Austernliebhabern äußerst beliebt ist (das berühmteste Beispiel ist der Fluss Belon). Ebenso verändert sich bei derartigen Verfeinerungen das Aussehen der Austernschale etwas. Siehe auch "Größen" Inhalte auf Austern.com sind urheberrechtlich geschützt. Berichtigungsvorschläge werden dankend entgegengenommen. All contents © Austern / McCabe.us, John W. McCabe Site Archive Kontakt (Impressum) |