Austern richtig öffnen: Die klassische Methode
John McCabe

Vorteile:
* Diese Methode optimiert das klassische "Schlürfen" roher Austern.
* Die Schalenhälften bleiben unbeschädigt. Die Präsentation der Auster beim Servieren wirkt optisch perfekt. Sachgerechte Öffnung verhindert weitgehend, dass störende Schalensplitter im/um das Austernfleisch den Genuss stören.

Nachteile:
* Ungeeignet für besonders große pazifische Austern und so genannte "Bananen" (stark unförmige Austern), da die Klinge des Austernmessers den Schließmuskel durch das Scharnier nur sehr schwer erreichen kann (siehe dazu "Die kluge Methode").

Bei der klassischen Methode werden die Austern mit dem Messer durch das Scharnier geöffnet. Die Auster wird mit der linken Hand fest auf einer stabilen Oberfläche fixiert. Hier ist ein Schutzhandschuh (oder zumindest ein dickes Handtuch) empfehlenswert. Die rechte Hand bohrt nun mit der Spitze des Messers geduldig im Scharnier.

Unmittelbar nach dem Durchdringen der zähen Scharnier-Membran kann das Messer leicht gedreht werden, um das Scharnier zu brechen und die Schalenhälften etwas zu teilen.

Danach dringt man mit dem Messer tief in die Schale ein, entlang der oberen Schalenhälfte (damit das zarte Austernfleisch bestmöglichst unbeschädigt bleibt) - gezielt in Richtung der Schließsehne im vorderen (rechten) Bereich der Auster. Mit einer einfachen Rechts-Links-Bewegung der Spitze des Messers kann man nun den Schließmuskel durchtrennen.


Die obere Austernhälfte kann nun problemlos entfernt werden. Austernfleisch, das evtl. auf der oberen Schalenhälfte zu finden ist, kann nach Wunsch in die untere Schalenhälfte geschabt werden. Diese "Beispiel-Auster" überraschte mich als sehr wohlernährt. Sie war zwar etwas zu groß für einen typischen "Schlürfer", schmeckte aber trotzdem hervorragend.

Anschließend führt man die Messerspitze unter das Austernfleisch und trennt den verbleibenden Schließmuskel von der unteren Schale ab. Überprüfen Sie das Austernfleisch nochmal kurz in der Nähe des Scharniers. Womögliche kleine Unreinheiten lassen sich einfach mit der Messerspitze entfernen. Sollte das Austernfleisch optisch "ausgetrocknet" wirken, dann entsorgen Sie die Auster. Das Fleisch muss feucht und saftig wirken. Führen sie die Austernhälfte mit dem Fleisch kurz an Ihrer Nase vorbei um kurz zu sichern, dass dem Fleisch kein verdorbener Geruch anhaftet. Austenfleisch hat einen angenehm meerigen Duft. Obwohl der Geruch einer verdorbenen Auster unverkennbar ist, sollten auch alle Zweifelsfälle sofort entsorgt werden!

Vor dem Öffnen der nächsten Auster sollten etwaige Schalensplitter und sonstige Unreinheiten von den Handschuhen bzw. Händen abgewischt bzw. abwaschen werden.

Öffnen der Europäischen Auster
Die Europäische Auster ist vom Design her anders als die Pazifische Auster aufgebaut. Viele Profis dringen horizontal seitlich in die rechte Hemisphäre der Europäischen Auster ein im Sinne der klugen Methode. Profis halten die Auster dabei öfters fest in der Handfläche ihrer linken Hand, dringen dann, fast einfach anmutend, mit ihrem Messer in die Auster ein, kappen den Schließmuskel, flippen dann die Oberschale weg und "voilà!". Es sieht lediglich einfach aus und kann bei Anfängern sehr leicht zu Verletzungen führen! Oft ist zudem danach der Rand der Schale mehr oder minder beschädigt und wirkt optisch etwas unschön. Wer zuverlässig eine optisch perfekte Präsentation dieser Kostbarkeiten wünscht, sollte sich an die klassische Methode halten.

Die handschuhbekleidete linke Hand umfasst die Auster fest und stabilisiert sich auf einer festen Unterlage. Die Auster ist nun schräg (ca. 45°). Ganz wichtig beim Öffnen der Europäischen Auster ist das richtige Austernmesser. Ideal ist ein Messer mit flachem Stahl und einer zugespitzten Spitze. Eine der Klingenseiten ist scharf. Warnung: Diese Art Austernmesser kann besonders leicht zu ernsthaften Verletzungen führen! Vorsicht und Geduld ist also angesagt. Der Angriff fängt am (oder auch gerne rechts vom) Scharnier (Spitze der Auster) an. Die scharfe Klingenseite ist nach rechts gerichtet. Das Ligament der Europäischen Auster ist (im Gegensatz zur Pazifischen Auster) verhältnismässig schwach.

Leichtes Bohren mit der Spitze gewährt gemeinhin umgehend Eintritt. Dringen Sie anfangs nur ein bis höchstens zwei Zentimeter in die Auster ein. Drehen die die Messerklinge in eine vertikale Position, um das Scharnier vollends zu brechen und eine Öffnung zwischen den Schalenhälften zu schaffen. Dringen Sie nun in die Auster in Richtung Zentrum ein. Das Messer wird streng an der Oberschale entlang geführt, damit das Austernfleisch unversehrt bleibt. Schwenken sie nun die Messerklinge mit Gefühl nach rechts um den Schließmuskel zu teilen. Die Oberschale ist nunmehr vollständig gelöst. Anschließend wird der untere Ansatz des Schließmuskels mit dem Messer vorsichtig von der Schale getrennt.

Tricks
Falls die Auster optisch "plumper und cremiger" und nicht so "biologisch" wirken soll, können Sie das Austernfleich in der Schale mit der Spitze Ihres Austernmessers wenden. Manche Kenner schätzen dies sogar bei der Präsentation, da sie sofort sehen können, dass der untere Ansatz des Schließmuskels bereits für sie getrennt wurde.

Vorher:


Nach dem "Flip":

Und noch ein kleiner Trick:
Manchmal könnten Sie stellenweise etwas Schlamm am Schalenrand (oder am Scharnier) bemerken. Dies ist kein Grund zur Sorge. Wahrscheinlich dürfte es sich um eine bodenkultivierte Auster frisch aus dem Meer handeln. Waschen Sie die Unreinheiten einfach unter laufendem Kranenwasser behutsam weg. Das dabei verlorene "Meerwasser" ist ohnehin nicht so wichtig. Wichtig ist lediglich, daß Sie dies umgehend erledigen - vor Sie den Schließmuskel von der unteren Schalenhälfte trennen. Das Trennen des unteren Schließmuskelansatzes fördert das kostbare "zweite Wasser", welches sich in der Schalenhälfte zunehmend bildet. Es ist der wahre Nektar der Auster. Es ist kulinarisch das kostbarste "Austernwasser"! Das Meerwasser ("erste Wasser") ist kulinarisch lediglich "salzig" bzw. belanglos. "Zweites Wasser" sieht so aus:

Noch ein kleiner Hinweis: Leberschaden vermeiden!
Im beschädigten Zustand ist die Leber ein auffallend grünlicher bis bräunlicher Fleck zwischen dem Schließmuskel und dem Scharnier (bei jeder Austernart). Bei der sachgerechten Öffnung bleibt der Fleischmantel über der Leber unversehrt bzw. man sieht nichts offensichtlich "grünes oder bräunliches" in diesem Bereich. Leberschaden kann am ehesten durch die klassische Öffnungsmethode verursacht werden, passiert jedoch nur selten mit der klugen Methode. Im Freundeskreis ist der "Leberschaden" zwar eher egal, im formellen Umfeld jedoch unverzeihlich. Austern, welche mit Leberschaden serviert werden, entpuppen den Öffner als einen groben Anfänger! Achten Sie also bitte immer darauf, dass die Klinge entlang der oberen Schalenhälfte eindringt. Trost: Mit oder ohne Leberschaden schmeckt die Auster identisch.


Beispiel Europäische Auster: So soll die Auster nach dem Öffenen im Idealfall aussehen.

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