Die Profis
John McCabe

Es ist laut vor der Türe der Arbeitshalle vieler größerer Austernunternehmen. Es kling wie eine große, schwere Maschine, welche unablässig rattert. Das laute Rattern fängt früh am Morgen an und währt den ganzen Tag - Jahr ein, Jahr aus. Es handelt sich jedoch nicht um eine Maschine, sondern um professionelle Austernöffner. Manchmal stehen mehr als ein Dutzend nebeneinander an einem langen Tisch. Die Luft wirkt kühl und rein - nicht "fischig", wie man vielleicht bei der täglich tausendfachen Verarbeitung der Austern erwarten könnte. Das Werkzeug der Profis ist schlicht: ein Austernmesser und robuste Handschuhe. Vor ihnen befinden sich funkelnde Edelstahlschächte. Diese sind mit Austern gefüllt. Wie beim Sand einer Düne, rutschen gleich mehr Austern (durch Schwerkraft) nach, sobald man die vorderen Austern verarbeitet hat. Die Arbeit erinnert unwillkürlich etwas an das Schicksal des Sisyphus. Jede Pazifische oder Atlantische Auster ist von der Form her etwas anders. Die brechenden Messereinstiche in die Schalenränder sind folglich gezielt. Daher gibt es bis heute auch noch keine "Austernmaschine", welche frisches Austernfleisch zuverlässig fördern kann. Es wird sehr zügig gearbeitet mit wenig Unterhaltung unter den Austernöffnern - es ist ohnehin zu laut. Zudem wird ständig mit den Messern hart zugestochen. Ablenkungen würden zu Verletzungen führen bzw. kein Handschuh schützt vor dem verfehlten Einstichpunkt.

Hier geht es rein ums Austernfleisch - und zwar schnellstens! Profis können zwischen ca. 40 und 90 Liter Austernfleisch pro Arbeitstag fördern. Neben jedem Austernöffner steht ein Edelstahlbehälter für das gewonnene Austernfleisch. Die leeren Schalen werden in einem Schacht entsorgt oder nach der Schicht weggekehrt. Sie sind jedoch nicht Abfall. In unmittelbarer Nähe dieser Austernunternehmen befinden sich unter freiem Himmel oft große Berge leerer Austernschalen in Containern (oder auch schlicht auf dem Boden gehäuft). Emsig beschäftigen sich sofort kreischende Möwen und andere Vögel mit den frischen Schalenresten um womöglich verbliebenes Fleisch herausrauszupicken. Hier duftet es wiederum etwas "fischig". Dort bleichen die Schalen nun in Wind und Wetter für viele Monate. Später eignen sie sich als vorteilhaftes Substrat für die Austernbabys im Meer.

Mindestens einmal im Jahr gibt es in fast jeder größeren Austerngegend der Welt ein Austernfest. Dies ist ein ganz besonderer Festtag - nicht nur für Austernliebhaber, sondern für die ganze Familie. Es gibt Bands, heimische Winzer stellen ihre Weine vor, kleine maritime oder kulturhistorische Ausstellungen werden manchmal geboten und jede erdenkliche Austernspezialität steht bis zum Abwinken bei vielen Ständen im Angebot. Dort treten dann oft auch die Profis gegeneinander an. Sie sind die absoluten Stars dieser Feste.

Der Wettkampf der Profis

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