Bollinger
Ein Bericht von John McCabe
Das
Champagner-Haus Bollinger zeichnet sich seit jeher nicht nur
durch Champagner bester Qualität aus, sondern auch durch
den Ruf einer unverfälschten Ethik und Traditionsverbundenheit.
Zudem war und ist Bollinger, im Gegensatz zu vielen anderen prominenten
Häusern, welche inzwischen zu großen Konzernen gehören,
unabhängig und selbstbestimmend im Familienbesitz.
Das Unternehmen besitzt ca. 152 Hektar Weinberge in den besten
Crus, u.a. um
Aÿ, Bouzy und Verzenay. 60% seiner Weinberge gelten als
Grand Cru und weitere 30% als Premiere Cru. Bollinger ist somit
- im Gegensatz zu vielen anderen Winzern- in der beneidenswerten
Lage, mehr als zwei Drittel bester Reben für die Produktion
der 1.5 Mio. Flaschen/Jahr aus seinen eigenen Weinbergen zu gewinnen.
Der Schwerpunkt liegt bei den hochwertigen Pinot-Noir-Reben,
wobei nur der Most der ersten Pressung (Cuvée) für
Bollingers Champagner verwertet wird. Der Most der zweiten Pressung
(Taille)
wird an andere Winzer verkauft. Nur bei der Chardonnay-Rebe wird
bei den besten Jahrgängen mitunter auch Taille verwertet.
Die erste Gärung der Weine, sortiert nach Cru, findet in
Barriques
und Edelstahl-Tanks statt.
Sogar ein echter Küfer befindet sich unter den Angestellten
des Hauses Bollinger. Zum Handwerk des Küfers gehört
es auch, die Besonderheiten der verwerteten Hölzer genauestens
zu kennen: "Eiche ist nicht gleich Eiche". Beispielsweise
verleiht Eichenholz aus der Gegend um Limousin einem Wein beim
Ausbau andere Geschmacksnoten als etwa Eichenholz aus der Gegend
um Nevers. Zudem ist die sachgerechte Pflege der Eichenfässer
vor wie nach dem Gebrauch ein aufwändiges Unterfangen.
Reserveweine dagegen werden nicht in großen Fässern,
sondern, sortiert nach Cru und Jahrgang, in einzelnen Magnum
Flaschen unter leichtem Druck verkorkt gelagert.
Des weiteren besteht Bollinger darauf, dass ein guter Champagner
nach der zweiten Gärung besonders lange auf der Hefe in
den Flaschen ruhen soll. Während bei Champagnern ohne Jahrgang
in vielen anderen Häusern 15 Monateüblich sind, ruht
der Champagner ohne Jahrgang bei Bollinger mindestens drei Jahre.
Jahrgangs-Champagner lagern mindestens fünf bis acht Jahre
auf der Hefe, tief in den kühlen Kellern des Hauses.
Das Zusammenspiel erstklassiger Trauben mit äußerst
aufwändiger Kellertechnik bringt geschmacklich sehr komplexe
Bollinger-Champagner hervor, welche bei internationalen Degustationen
regelmäßig sehr hoch punkten. Die Herstellung von
Champagner war und ist ohnehin ein aufwändiges, mühseliges
und teueres Unterfangen für alle Winzer in der Champagne.
Es gibt nur wenige Häuser wie Bollinger, die noch einen
Schritt weiter gehen und sich selbst zusätzliche Arbeit,
strenge Regeln und hohe Kosten auferlegen.
Bollinger bietet Liebhabern eine interessante Auswahl an verschiedenen
Champagnern:
Die
Special Cuvée repräsentieren die traditionelle
Geschmacksrichtung des Hauses. Sie werden malolaktisch in Edelstahltanks
vergoren. Überwiegend aus den Reben der Grand Cru und Premier
Cru bestehend, enthalten sie im gekonnten Verschnitt bis zu 10
Jahre alte Weine, welche in Eichenfässern und/oder Magnumflaschen
gelagert wurden. Bei diesen Champagnern ohne Jahrgang handelt
es sich in der Traubenmischung um 60% Pinot
Noir, 25% Chardonnay
und 15% Pinot
Meunier. Nach der zweiten Gärung ruhen diese mindestens
drei Jahre lang auf der Hefe. Die Special Cuvée sind kraftvolle,
körperreiche Champagner mit besonderen Fruchtnoten und langem
Abgang. Sie eignen sich hervorragend zu jedem Essen.
Bei besonders guten Jahrgängen bringt Bollinger einen
Jahrgangs-Champagner namens Grande Année hervor.
Dieser Champagner ruht nach der zweiten Gärung in den Flaschen
noch mindestens fünf Jahre lang auf der Hefe.
Der Grande Année Rosé ist ein Jahrgangs-Champagner,
dem ein wenig stiller Rotwein aus Weinbergen um Aÿ zugefügt
wurde. Das ruft bei diesem Champagner eine zarte Rosa-Farbe hervor.
Außerdem gewinnt der Rosé durch diesen besonderen
Verschnitt zusätzliche sanfte Frucht-Aromen und mehr Körper.
Eine
Besonderheit des Hauses Bollinger stellt der sogenannte R.D.
Champagner dar. In die Produktpalette eingeführt um
1960 vom ehemaligen Leiter des Hauses Bollinger, Christian Bizot
(1928-2002), handelt es sich hier um einen Jahrgangs-Champagner,
der von mindestens acht Jahren sachgerechter Lagerung auf der
Hefe profitierte, jedoch erst 'Recently Disgorged' (R.D.) bzw.
erst vor kurzem degorgiert wurde. Das Datum der Degorgierung
wird auf einem Etikett auf der Rückseite der Flasche vermerkt.
Diese R.D.-Champagner weisen zusätzliche Aromen und geschmacklich
eine gewisse Jugend auf - trotz ihres Alters.
Eine
Seltenheit stellen die Champagner der Bollinger Vieilles Vignes
Françaises (alte französische Rebstöcke)
dar. Bollinger besitzt drei kleine Parzellen um Aÿ, wo noch
sehr seltene, originale Pinot-Noir-Rebstöcke wachsen, welche
die vernichtende Phylloxera-Plage
überlebten. Sie werden noch genau wie früher zu Zeiten
des Mönches Frère
Oudart angebaut (diese Anbauart wird als en foule
bezeichnet) und mit traditionellem Werkzeug gepflegt. Es handelt
sich quasi um die Entwicklung einer besonderen Art 'Ur-Champagner',
welcher nur als Jahrgangs-Champagner erzeugt wird. 1975 stellte
Bollinger der Welt erstmals einen Vieilles Vignes Françaises
Jahrgangs-Champagner 1969 vor.
Da Champagner nach langer Lagerung beim Degorgieren einen
leichten Schock erleiden, lagert Bollinger seine Champagner nach
der endgültigen Verkorkung mindestens weitere drei Monate.
Erst dann werden sie ausgeliefert.
Geschichtlich ist das renommierte Haus Bollinger hoch interessant
für Historiker, da seine Wurzeln tief in der Historie der
Champagne verankert sind. Der britische Autor Cyril Ray veröffentlichte
ein umfangreiches Werk namens 'Bollinger'. Wer sich dieses Buch
zu Gemüte führt, bemerkt schnell, wie eng der Aufstieg
des Hauses Bollinger mit der bewegten Geschichte der Champagne
verwebt ist.
Der eigentliche Ursprung des Hauses Bollinger befindet sich
tief in der Geschichte der Champagne um 1600 bei einer adligen
Familie namens de Villermont. Vormals ansässig in
der Gegend um Troyes, der damaligen Hauptstadt des Gebietes Champagne,
zog das Haus de Villermont später in die Weingegend um Chalons
an der Marne. Im Lauf der Jahre vermehrte sich ihr Grundbesitz
(u.a. durch Heirat mit anderen adligen Familien der Gegend).
Als ein Athanase-Louis-Emmanuel de Villermont (1763-1840)
das
Licht der Welt erblickte, war die Familie de Villermont bereits
ein angesehener Eigentümer kostbarster Weinberge um Aÿ,
Bouzy, Cuis und Verzenay. Athanase-Louis-Emmanuel war der jüngere
Sohn der Familie und wurde nicht als künftiger Landeigentümer
gehandelt, sondern war stattdessen für eine Karriere in
der französischen Marine bestimmt. Zu dieser Zeit tobte
der Kampf um die Unabhängigkeit der Vereinigten Staaten
gegen die Engländer. Frankreich schlug sich auf die Seite
der Vereinigten Staaten. Als Offizier erlebte Athanase-Louis-Emmanuel
nicht nur die grausamen Fieber, das die Besatzungen der Schiffe
dahinraffte, sondern auch Seeschlachten gegen England vor der
Ostküste Nordamerikas. Auf der Seite der Landtruppen amerikanischer
Legenden wie Washington und Lafayette unterstützte
er den Freiheitskampf der Amerikaner. Er war z.B. dabei, als
der Admiral de Grasse der Flotte der Engländer an
der Mündung der Chesapeake Bay eine Niederlage beibrachte.
Als er nach Frankreich zurückkehrte, wirkte er kurzzeitig
in der königlichen Artillerie, kehrte jedoch zur See zurück.
Diesmal diente er jedoch der russischen Marine als Kapitän.
Der Autor Cyril Ray merkt dazu an, dass diese Karriere-Entscheidung
sich mehr als zwanzig Jahre danach als sehr vorteilhaft erwies,
nämlich als die russischen Armee Napoleon 1814 bis nach
Frankreich verfolgte. Die russische Armee zeigte sich für
seinen damaligen Dienst in der russischen Marine erkenntlich,
indem sie zumindest Aÿ unversehrt liess. Später, nach
seinem Dienst in der französischen Marine-Akademie Angoulême,
wurde Athanase-Louis-Emmanuel in den Admirals-Rang erhoben und
kehrte daraufhin zurück zu seinen mittlerweile pflegebedürftigen
Weinbergen und anderweitigen Gütern. Es mangelte jedoch
an Finanzen. Problematisch für den Adel war zudem der offene
Handel.
Mittlerweile gab es einen fähigen jungen Mann namens Joseph-Jacob-Placide
Bollinger (1803-1884) im Weinhandel. Er stammte aus dem damaligen
Königreich Würtemberg (Ellwangen) und stammte ebenfalls
aus dem Adel. Er hatte zwar keine eigenen Weinberge, aber der
Handel mit Wein reizte ihn schon in jungen Jahren. Mit 19 Jahren
entschied er sich im Jahre 1822, sich der damals jungen Firma
Müller-Ruinart anzuschließen (der Inhaber war
übrigens derselbe bayerische Emigrant Anton Müller,
welcher gemeinsam mit der Witwe Clicquot das Rüttelpult
und die Remuage einführte). Müller hatte kurz zuvor
eine Dame mit dem prominenten Namen Ruinart geheiratet
und war zuvor viele Jahre als äußerst fähiger
und engagierter Kellermeister im Hause Clicquot tätig. Müller
war sehr geschäftstüchtig und warb in den wichtigsten
Märkten erfolgreich für seinen Champagner.
Jacob
Bollinger diente ihm in der folgenden Zeit sieben Jahre lang
äußerst erfolgreich als Handelsvertreter in Deutschland.
Wie Admiral Graf von Villermont in Verbindung mit Jacob Bollinger
geriet, ist nicht eindeutig überliefert. De Villermont erkannte
jedoch das Talent und die Erfahrung des noch jungen Bollinger.
Gleichzeitig hatte der Graf enorme Wein-Ressourcen, ohne sie
jedoch als Adeliger im Handel optimal ausschöpfen zu können.
Daher gründete er 1829 zusammen mit Jacob Bollinger und
Paul Renaudin (einem weiteren, ehemaligen Handelsverteter
der Firma Müller-Ruinart) eine Firma. Eine wichtige Bedingung
des Grafen war dabei, dass nirgendwo im Handel sein adliger Name
erscheinen durfte. Paul Renaudin verließ die junge Firma
wenige Jahre später.
Zwischenzeitlich wurde Jacob Bollinger als Jacques Bollinger
bekannt und setzte den Handel der Weine des Grafen erfolgreich
fort. 1837 heiratete er die 20jährige Mlle. Louise-Charlotte
de Villermont, Tochter des Grafen de Villermont. Der Autor
Cyril Ray merkt an, dass Jacques Bollinger später öfters
auch als Bollinger de Villermont bezeichnet wurde. 1854
wurde der Deutsche Jacob (Jacques) Bollinger offiziell durch
Einbürgerung Franzose. Er erweiterte den Grundbesitz des
Grafen mit neuen Weinbergen um Verzenay. Jacques und Louise-Charlotte
Bollinger hatten eine Tochter (Marie) und zwei Söhne (Joseph
und Georges). Die Söhne Joseph und Georges leiteten das
Unternehmen erfolgreich weiter und erwarben zusätzliche
Weinberge um Bouzy, Louvois, Tauxieres und Verzenay. Zudem wurde
zu ihrer Zeit das Haus Bollinger als offizieller Lieferant des
königlichen Hofes in England geehrt.
1909 bis 1911 waren Jahre tiefsten Unmutes unter den Winzern
der
Champagne. Zum einen kam es zum Aufstand der Winzer in der Region
der Aube, wo nach einem Erlass (délimitation) den
dortigen Winzern die Zugehörigkeit zur Champagne abgesprochen
werden sollte. Zum anderen stellten 1909 und 1910 zwei äußerst
schlechte Jahrgänge für die Winzer dar. Die Unzufriedenheit
vieler Winzer wurde zusätzlich durch die Einfuhr billiger,
fremder Weine aus anderen Regionen Europas durch manche skrupellose
Häuser in der Champagne geschürt. Letztlich gipfelte
die berechtigte Empörung der Winzer am 12. April 1911 in
einem großen Aufstand. Weder die königlichen Dragoner
noch Truppen aus Reims konnten den wütenden Weinbauern Einhalt
gebieten. In blinder Wut fielen sie auch über die Stadt
Aÿ her und zerstörten nicht nur skrupellose, geldgierige
Häuser, sondern auch viele rechtschaffene. Um das Haus Bollinger
herum wüteten die Weinbauern, angesehene Champagner-Häuser
standen in Flammen, und große Bestände von Wein wurden
auf den Strassen ausgekippt. Bemerkenswerterweise wurde das Haus
Bollinger jedoch von der wütenden Masse verschont und blieb
völlig unversehrt. Selbst in ihrer Wut respektierten die
Weinbauern die traditionsreiche und altehrwürdige Ethik
des Hauses Bollinger.
Ein weiterer Jacques Bollinger, der Enkel des ursprünglichen,
legendären Jacques Bollinger, übernahm 1918 die Leitung
des Unternehmens. Im Alter von 24 Jahren hatte er gerade seinen
Dienst in der französischen Luftwaffe beendet und war mit
mehreren Orden für seine Tapferkeit im Ersten Weltkrieg
ausgezeichnet worden (Légion d'Honneur und dem
Croix de Guerre mit Palmen). Er widmete sich gewissenhaft
dem Wiederaufbau, der Pflege und der Erweiterung der Weinberge
des Hauses Bollinger. Als der Zweite Weltkrieg ausbrach, wurde
er wieder in den Dienst der französischen Luftwaffe berufen,
war jedoch gesundheitlich sehr angeschlagen. Während der
deutschen Besatzung war Jacques Bollinger Bürgermeister
von Aÿ. Dieses ohnehin fordernde Amt war während der
Besatzung zweifellos besonders hart für diesen bemerkenswerten
Mann, dessen Gesundheit sich zusehends verschlechterte. Er starb
1941 im Alter von nur 47 Jahren. Es war sein letzter Wunsch,
dass seine Frau, Elisabeth ('Lily') Bollinger (1899-1977),
das Unternehmen nach seinem Tod weiterführen sollte.
Elisabeth ('Lily') de Lauriston-Boubers stammte aus
einer wohlhabenden, adligen Familie (verwandt mit dem Marquis
de Boubers). Ihr Vater Oliver de Lauriston-Boubers
war ein Offizier in der Kavallerie. 1923 heiratete sie Jacques
Bollinger. Nach Jahren gemeinsamer Arbeit im Hause Bollinger
endete die kinderlose Ehe 1941 mit dem frühen Tod von Jacques.
Die Witwe Lily Bollinger übernahm die Zügel des Unternehmens
während der Besatzung durch die deutsche Wehrmacht. Die
Wehrmacht beschlagnahmte nicht nur das Gebäude des Hauses
Bollinger, sondern im gleichen Zuge auch 178.000 Flaschen des
vorrätigen Champagners. Champagner wurde trotz der schwierigen
Umstände weiter produziert. Da Benzin seinerzeit sehr knapp
war, schwang sich die fleißige junge Witwe täglich
unverdrossen in den Sattel ihres Fahrrads und radelte zur Arbeit
in ihre Weinberge.
Es war auch der Wunsch der Wehrmacht, dass das Gewerbe weitergeführt
werden sollte. Es mangelte jedoch kriegsbedingt erheblich an
Arbeitskraft. Somit gelang es dem Hause Bollinger, die Wehrmacht
zu überzeugen, dass viele ihrer ehemaligen Angestellten
aus deutscher Gefangenschaft zur Wiederaufnahme der Arbeit in
den Weinbergen befreit werden müssten. Am 22. August 1944
befreite die amerikanische '3rd Army' unter General Patton
die Gegend um das Haus Bollinger. Nach Kriegsende begann die
'Witwe Lily', abgelegene Weinberge gegen andere, näher gelegene
zu tauschen und weitere Weinberge in ihrer Gegend strategisch
aufzukaufen (um Ay, Mutigny, Grauves 1955 und 1968, wie auch
um Bisseuil 1961). Gleichzeitig forcierte sie das Marketing und
verdoppelte den Umsatz des Hauses. Am englischen Königshof
wurde Bollinger unter George VI und Queen Elizabeth
II der offizielle Haus-Champagner. Auch 'Agent 007',
der berühmte (nicht ganz!) fiktive Charmeur und Held James
Bond, trinkt Bollinger Champagner. 1976 verlieh der französische
Staat den Orden Ordre National du Merit (Nationale Verdienst-Orden)
an Lily Bollinger. Trotz großen Erfolgs und zahllosen internationalen
Ehrungen blieb Lily bescheiden und radelte weiterhin bis hin
ins hohe Alter unermüdlich auf dem Fahrrad durch ihre Weinberge.
1971 übertrug sie die Leitung des Unternehmens auf ihren
Neffen Claude d'Hautefeuille und starb 1977 im Alter von 78 Jahren.
Claude d'Hautfeuille (1913-2000), Schwiegersohn der Madame
Therese de Valbray (Schwester der Madame 'Lily' Bollinger), modernisierte
das Unternehmen und kaufte weitere Weinberge um Champvoisy auf.
Gleichzeitig förderte er die internationale Entwicklung
der Marke Bollinger.
1978 bis 1994 leitete Christian Bizot (1928-2002),
Sohn der jüngeren Schwester der Witwe Lily Bolliger (Guillemette
Bizot) und sechster Präsident des Hauses Bollinger, die
Geschicke des Unternehmens. Christian Bizot wurde 1952 im Alter
von 24 Jahren in der Firma Bollinger tätig. Bizot galt nicht
nur als besonders erfahren in der Bereitung bester Champagner,
sondern entwickelte darüber
hinaus zusätzliche Besonderheiten wie z.B. die bemerkenswerten
R.D. Champagner (siehe oben).
Er lehnte 'praktische Kompromisse' (Quantität statt
Qualität) des Kommerzes strikt ab und konzentrierte sich
ausschliesslich auf Qualität und Individualität seines
Champagners.
Anfang der 90er Jahre, als Champagner qualitativ mehr und mehr
in die Kritik geriet, war es Bizot, der 1992 die 'Charta der
Ethik und Qualität' ins Leben rief. Als ein Statement
der ohnehin traditionellen Ehrlichkeit und Offenheit des Hauses
Bollinger unterstrich er dieses Credo beispielsweise mit dem
Anbringen eines Etikettes mit stichhaltigen Informationen auf
allen Bollinger-Champagnern ohne Jahrgang (Special Cuvée).
Dies bewirkte eine absolute Transparenz, denn nun konnte jeder
sehen, welche Rebsorten im Verschnitt genutzt wurden oder ob
der Verschnitt lange genug gelagert wurde. Dies sind wichtige
Daten, die bei vielen anderen Champagnern oft im Dunkeln bleiben.
Die Charta der Ethik und Qualität besagt sinngemäß:
*Der Name Bollinger wird nur von jenen Weinen getragen, welche
auch vom Hause Bollinger gekeltert wurden.
* 70% der Reben stammen aus eigenen Weinbergen.
* Das Haus Bollinger nutzt primär den Ertrag der ersten
Pressung (Cuvée) für die Herstellung seiner Champagner
(zeitweilige Ausnahmen sind lediglich bei besonderes hochwertigen
Jahrgängen der Chardonnay-Rebe erlaubt, wo auch die Taille
zur Herstellung verwendet werden kann).
* Jedes Cru, wie auch jede vertretene Rebsorte im Cru, wird bei
der ersten Gärung beachtet.
* Die erste Gärung der Reserveweine wie auch die Weine,
welche als Grande Année bestimmt sind, werden in Eichenfässern
ausgebaut.
* Bollinger-Verschnitte entstehen vorwiegend aus Trauben aus
Grand Cru und Premier Cru Lagen. Das "vorwiegend" bedeutet
konkret: 100% beim Grande Année Champagner und 80% beim
Special Cuvée.
* Verschnitte bestehen primär aus Pinot-Noir. Beim Grande
Année ca. 65%, bei Special Cuvée ca.60%.
* Reserveweine werden in Magnum-Flaschen gelagert. Die Lagerung
in den Flaschen setzt zudem Naturkorken voraus.
* Vor dem Degorgieren müssen Bollinger Special Cuvée
Champagner mindestens drei Jahre auf der Hefe ruhen. Jahrgangs-Champagner
(Grande Année) setzen mindestens fünf Jahre Lagerung
auf der Hefe voraus. Der R.D. Champagner bedarf mindestens acht
Jahre dieser Art von Lagerung.
Nach dem Degorgieren muss der Champagner mindestens drei Monate
ruhen, ehe er ausgeliefert werden darf.
Etikett auf der Rückseite eines Bollinger Special Cuvée
aus dem amerikanischen Markt mit entsprechenden Hinweisen aus
der Charta, wie sie sich auf diesen bestimmten Champagner beziehen.
Christian Bizot hat bewiesen, dass bedingungslose Qualität
und Traditionsbewusstsein sich auch heute noch bei großen
Unternehmen erfolgreich durchsetzen lassen. Es ist daher kein
Wunder, dass Christian Bizot auch nach seinem Tod von zahllosen
Winzern und Champagner-Fans weltweit zutiefst verehrt wird.
Damit wären wir beim siebten Präsidenten des Hauses
Bollinger angelangt: Ghislain de Montgolfier ist ebenfalls
ein Neffe der Witwe 'Lily Bollinger'. 1969/70 fungierte er als
assistierender Direktor der Weinberge des Hauses Bollinger. 1994
wurde er zum Präsidenten des Hauses Bollinger ernannt und
führt bis zum heutigen Tage das Haus Bollinger gemäß
seiner alten Tradition weiter.
Links:
Besuchen Sie das Haus Bollinger online: Bollinger
Degustationsnotiz Bollinger Brut Champagne Special
Cuvee (in Englisch)
Degustationsnotiz Bollinger Brut Champagne Grande
Année 1996 (in Englisch)
Degustationsnotiz Bollinger Brut Champagne Grande
Année 1995 (in Englisch)
|