Probelauf mit H2O
Mit den eigenen Champagner-Gläsern etwas vertraut sein
bzw. das Fassungsvermögen in der Praxis zu kennen, kann
nie schaden. Wuchtige Champagner-Normalflaschen täuschen
Novizen visuell etwas mehr Volumen vor, zumal sie erheblich mehr
als herkömmliche Weinflaschen wiegen, nicht selten auch
etwas höher sind und obendrein manchmal auch besonders undurchsichtig
sind. Sie enthalten natürlich nicht mehr Wein als z.B. eine
schlanke 750ml Bordeaux-Flasche.
Ein kleiner Probelauf:
Eine leere Champagnerflasche (oder auch notfalls jegliche 750ml
'Normalflasche') einfach mit Wasser füllen und z.B. sechs
Champagnergläser in zwei bis 3 Etappen gleichmäßig
und in Reihenfolge füllen. Beim ersten Versuch merkt man
schnell, daß es einfacher aussieht als es tatsächlich
ist.
Bei dieser Glasgröße ist die Champagnerflasche
bereits leer. Bei schönen Tulpengläsern können
Sie folglich über den Daumen bei
einer Normalflasche (750 ml) mit sechs Gläsern, bei einer
Magnum-Flasche (1.5 l) mit 12 Gläsern und bei einer Jeroboam-Flasche
(3 l) mit 24 Gläsern rechnen (siehe auch Flaschen).
Das Glas rechts stammt aus dem obigen Beispiel. Links stehen
zwei etwas kleinere Champagnergläser mit dem selben Inhalt
des rechten Glases. Mit einem augenscheinlich nur etwas geringeren
Unterschied in der Größe, könnten Sie nunmehr
neun Gläser (statt sechs) sachgerecht mit der selben Flasche
Champagner füllen.
Champagner richtig öffnen
Das fachgerechte Öffnen eines Champagners ist einer Zeremonie
gleichzustellen. Dies stellt, unter Ihrer Aufsicht, den krönenden
Moment dieses edlen Getränkes dar.
Vorsicht! Champagner steht unter beachtlichem
Druck. Ein fliegender Korken kann durchaus Scherben verursachen
oder gar einem Gast ein Auge kosten!
1. Selbstverständlich erstmal den Champagner aus dem
Kübel nehmen und behutsam die Flasche mit einer Serviette
etwas abtrocknen.
2. Danach erfolgt die Präsentation für den Gast.
Dabei bitte beachten, dass das Etikett nicht von der Serviette
bedeckt ist.
3. Dann die Flasche mit der linken Hand schräg halten
(ca. 45 Grad Neigung) und mit der rechten Hand behutsam die Schleife
des Drahtkorbes aufdrehen. Dabei sollte die Stanniolkappe nicht
unnötig zerstört werden. Unbedingt darauf achten, dass
der Korken während dieser Prozedur weg vom eigenen Kopf
zeigt.
4. Den Drahtkorb behutsam ausweiten und samt Stanniolkappe
entfernen.
.
Es kann vorkommen, dass der Korken schon jetzt treibt.
In diesem Falle den Korken gleich zusammen mit dem Drahtkorb
und der Stanniolkappe sanft und mit Gefühl kommen lassen.
5. Mit der linken Hand den Korken fest greifen, mit der rechten
Hand die Flasche gleichzeitig drehen und den Korken entfernen
(Daumen auf dem Korken!). Nur ein sanftes Seufzen des Champagner
sollte hörbar sein (statt eines lauten 'Popp').
Was das Ohr gewinnt, geht dem Gaumen später verloren! Ein
'Knall' zeugt von einem stillosen Anfänger und entspricht
nicht dem hohen Niveau eines edlen Champagners. Korkenzangen
sind bestenfalls nur für jene ganz seltenen Notfälle
gedacht, wo der Korken ungewöhnlich fest sitzt. Sollte der
Korkenkopf unerwartet anbrechen (ebenso sehr selten), dann diesen
mit einem Messer eben mit dem Flaschenmund abtrennen und den
Rest des Korkens vorsichtig mit einem Korkenzieher aus dem Hals
ziehen.
6. Ganz unmerklich und dezent den Korken an der (eigenen)
Nase vorbeiführen um kurz zu sichern, dass ihm kein verdorbener
Geruch anhaftet. Auch empfiehlt es sich, einen kurzen Blick auf
den Flaschenmund zu werfen, um zu sehen, ob diesem etwaige Rückstände
anhaften (falls ja, dann die Unterseite des Korkens oder die
Serviette benutzen, um diese zu entfernen). Danach den Korken
nahe dem Ehrengast platzieren. Diese Geste ist uralt. Der Gastgeber
(oder Wirt) bietet dem Ehrengast lediglich die Möglichkeit
sich zu vergewissern, daß die Markierungen auf dem Korken
auch mit dem servierten Wein übereinstimmen. Dies mag bei
einem Champagner, der gerade vor dem Ehrengast geöffnet
wurde, als unsinnig erscheinen, gehört jedoch dazu, zumal
beispielsweise die Form eines Champagnerkorkens im unteren Bereich
verrät, ob dieser Champagner lange gelagert wurde oder eher
'jünger' ist (siehe auch Korken).
Der Ehrengast 'schnuppert' nicht am Korken. Beim Einschenken
darf der Flaschenhals nicht
das Glas berühren.
7. Das Ritual des Servierens beginnt immer beim Ehrengast
(falls vorhanden). Dem Ehrengast etwas Champagner zur Verkostung
einschenken (nur genug für einen oder höchstens zwei
Schlücke) und zurücktreten. Der Ehrengast prüft
die Farbe und den Duft des Weines in seinem/ihrem Glas mit einer
anschließenden Geschmacksprobe. Der Gastgeber wartet aufmerksam
auf seine/ihre Zusage (vielleicht verbal oder eventuell auch
nur durch sein/ihr dezentes Zunicken).
8. Danach die Gläser in Etappen (also zwei oder drei
mal) langsam füllen (Es gibt unterschiedliche Systeme der
Reihenfolge des Servierens auf der Welt (Siehe Beispiele weiter
unten).
Ein Champagner kann sich in Abhängigkeit von der Raumtemperatur
in Sachen Schaumbildung unterschiedlich zeigen. Die Gläser
sollten letztlich nicht mehr als 2/3 gefüllt sein. Lieber
weniger als zu viel Champagner im Glas, damit ausreichend Platz
besteht, in dem sich das Bouquet entfalten kann.
9. Nach dem Einschenken die Flasche behutsam wieder im Kübel
platzieren.
Siehe auch: Keine
Angst vor großen Flaschen!
10. ...und der Korken?
Im Freundeskreis ein paar ergänzende Möglichkeiten:
Der Korken als Glücksbringer
Sie können Ihren Gästen eine alte Tradition nahe
bringen, indem Sie der Unterseite des Korkens vorsichtig einen
Einschnitt zufügen, dort eine beliebige Münze einfügen
und jemandem diese Kombination überreichen. Solange die
Münze und der Korken vereint bleiben, bleibt laut Legende
dem Empfänger auch das Glück treu.
Man sagt, dass wenn der Champagnerkorken einer Dame überreicht
wird, diese lediglich drei Nächte mit dem Korken unter ihrem
Kissen verbringen muss, ehe sie von dem Mann träumen
wird, den sie letztlich heiraten wird!
Und die Kapsel?
Auf dem Korken jedes Champagners befindet sich eine kleine
Metall-Kapsel. Werfen Sie diese bitte nicht weg. Früher
oder später wird Ihnen ein Champagner-Liebhaber begegnen,
welcher diese Kapseln sammelt und sich sicherlich sehr über
Ihr Geschenk dieser Kapseln freuen dürfte (siehe auch Kapsel).
Systeme: Die Reihenfolge des Servierens eines Champagners
Es gibt mehrere System des Servierens auf dieser Welt, jedoch
alle Systeme haben grundsätzlich nur einen Zweck: die Gewährleistung
eines zügigen und reibungslosen Ablaufes.
Viele Gastgeber folgen vom Ehrengast aus einfach dem Uhrzeigersinn
beim Servieren. Hier ein Beispiel eines sehr einfachen Systems:
Bei wenigen Gästen können (natürlich nach der
Probe des Ehrengastes) im Uhrzeigersinn die Damen zuerst bedient
werden, dann die Herren und zuletzt der Ehrengast (auch dann,
wenn eine Dame der Ehrengast ist). Es gibt auch eine alte Variante,
wobei die älteste Dame im Kreis zuerst mit Champagner bedient
wird.
Manchmal könnten Ihnen jedoch auch andere Systeme begegnen.
Beispielsweise gibt es auch ein uraltes System, wobei die Gläser
der Damen gegen den Uhrzeigersinn vom Ehrengast aus in
Reihenfolge zuerst gefüllt werden, dann (also quasi auf
dem 'Rückweg') im Uhrzeigersinn die Gläser der Herren
von Gastgeber bedient werden. Abschließend wird das Glas
des Ehrengastes dann gefüllt.
Beim Nachfüllen der Gläser gilt der übliche
Uhrzeigersinn ohne besondere Reihenfolge. Champagner sollte nicht
ständig nachgefüllt werden, sondern erst dann, wenn
ein bis zwei Schlückchen im Glas verbleiben. Dies gewährleistet,
dass der Champagner sich temperaturmässig optimal vorstellen
und erneut entfalten kann (statt vom bereits erwärmten Champagner
beeinflusst zu werden). Champagner sollte von der rechten Seite
einschenkt werden.
Terrakotta statt klassischem Kübel?
Es kann vorkommen, dass der Gastgeber statt einem oftmals
eleganten Kübel seinen Gästen den feinsten Champagner
in schlichtem Terrakotta präsentiert. Dies ist keinesfalls
als ein Faux-pas zu verstehen! Im Gegenteil: Es zeigt,
dass der Gastgeber die unschlagbaren Eigenschaften des Terrakotta
kennt, welche die Römer schon zu schätzten wussten.
Wenn ein Champagner zu schnell oder zu stark gekühlt
wird, erleidet er einen Schock, der zu geschmacklich unangenehmen
Konsequenzen führen kann. Dieser Schock kann ihm übrigens
auch in einem Kübel mit zerkleinertem Eis widerfahren, wenn
er zu lange in diesem Eisbad 'schwimmt'. Terrakotta dagegen kühlt
sanft durch seinen natürlichen Verdunstungs-Effekt. Diese
Gefäße werden erst mit eiskaltem Wasser gefüllt.
Danach lässt man sie für ca. 10 Minuten gefüllt
stehen. Diese Zeit wird benötigt, damit das Wasser ein wenig
in die gebrannte Erde einziehen kann). Daraufhin wird das Gefäß
geleert und ist sodann bereit, den Champagner zu 'umarmen' und
ihn auf schonende Weise kühl zu halten.
Zum Wohl!
John McCabe
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