Der Fall von Rom und der Aufstieg des Christentums
John McCabe

Bereits zwischen den Jahren 200 und 300 n. Chr. waren die Anzeichen für den Falls des alten Römischen Reiches (476 n. Chr.) überall zu erkennen. Die Straßen waren in einem desolaten Zustand, Räuberbanden verunsicherten die Handelswege, die Preise stiegen unaufhörlich, Steuern wurden ständig erhöht, Felder wurden nicht mehr bearbeitet, die Zahl der Bettler nahm zu, Piraten auf hoher See waren die Regel, der Handel mit China und Indien zerfiel, in den Reihen des Militärs wurde gemeutert, stichhaltige Gerüchte offenen politischen Mordes grassierten und der Mittelstand wurde letztlich mittellos.
Beispielhaft für dieses Chaos war der Sturz des Kaisers Philippus im Jahre 249 durch die Truppen des Generals Gaius Decius. Als Decius anschließend zum neuen Kaiser gekürt wurde, erlebte das römische Volk ihren achten Kaiser in einem Zeitabschnitt von nur 15 Jahren (bzw. in nur 14 Jahren nach dem Tod des Kaisers Alexander Severus).
In diesem Chaos stieß die überzeugende Lehre des Christentums bei vielen Römern zunehmend auf offene Ohren. Sie fanden in diesem turbulenten Umfeld Halt in der noch kleinen, jedoch gut organisierten Gemeinschaft der Christen, wo Nächstenliebe und Fürsorge nicht nur gepredigt, sondern auch praktiziert wurde. Christ zu werden war zwar lebensgefährlich, bot jedoch einen Reichtum an Spiritualität und sorgte obendrein für die notwendigen sozioökonomischen Vorteile, die man zum Überleben brauchte: Christen teilten ihr Hab und Gut mit den Armen und kümmerten sich auch um alte und kranke Menschen.

Kaiser Decius (siehe oben), wie auch mehrere Kaiser vor und nach ihm, sah in der Stärkung des Christentums im Volke eine klare Bedrohung seines Reiches. Er war der Ansicht, dass eine Nichtahndung dieses "religiösen Verfalls" die römischen Götter verärgern und obendrein seine Glaubwürdigkeit bei der Bevölkerung schwächen würde. Er befahl den Christen die Ausübung der klassischen römischen Rituale. Bei "Bekehrung" zum römischen Glauben winkte als Belohnung gar ein besonderer "Ausweis". Nur wenige Christen ließen sich von dieser "Belohnung" verführen. Ein Großteil verweigerte schlicht die Praktizierung der römischen Rituale. Als Folge wurden prominente Christen festgenommen (so auch der Bischof von Rom, Antioch und Jerusalem) und öffentlich hingerichtet. Dies hatte jedoch genau den gegenteiligen Effekt, da viele Römer das furchtlose Antlitz dieser christlichen Märtyrer im Angesicht des bevorstehenden Todes zutiefst bewunderten. Als Folge wuchs die Zahl der Männer und Frauen in den Reihen der Christen. Im Jahre 251 zog Decius aus, um mit seiner Armee den einfallenden Goten Einhalt zu gebieten. Diese lockten Decius in einen Hinterhalt, töteten ihn und seinen Sohn und löschten seine Truppen aus. Für viele Römer war dies ein Zeichen, dass ihm weder die Gunst der römischen Götter noch die des christlichen Gottes gewogen war.

Der Feldherr Gaius Gallus erlangte die Kaiserwürde und annullierte die von Decius eingeführten Edikte der Christenverfolgung. Dies sollte jedoch nur eine Ruhepause sein. Gallus wurde 253 von seinen eigenen Truppen ermordet, die Valerian zum Kaiser kürten. 256 wurde das altrömische Reich von den mächtigen germanischen Stämmen in Gallien angegriffen. Ein Ausbruch der Pest in Afrika hatte sich zudem bereits nach Rom ausgeweitet, dem dort ca. 5.000 Menschen pro Tag zum Opfer fielen. Kaiser Valerian flehte die römischen Götter um Hilfe an und befahl den römischen Bürgern ebenso entsprechende Rituale durchzuführen. Dies stieß bei den Christen auf taube Ohren. Wieder wurden grausame Verfolgungen angeordnet und viele prominente Christen fanden den öffentlichen Märtyrer-Tod.
Zwischen 258-260 zog Valerian mit seinem Heer gegen die Sassaniden (226-652 n. Chr.)

Die Sassaniden (Perser) unter König Shahpur I. bescherten den Römern die bis zu jenem Zeitpunkt größte Niederlage in ihrer Geschichte. Bereits zuvor (241-244) hatten die Römer in Syrien einen Krieg mit den Sassaniden verloren. Mehr als 60.000 römische Legionäre gerieten in persische Gefangenschaft. Dieses Mal sollten über 70.000 römische Legionäre in Kriegsgefangenschaft schmoren. Kaiser Valerian war ein anderes Schicksal bestimmt. Er überlebte diesen Feldzug nicht.

Bei vielen heidnischen Römern verflog zunehmend die Zuversicht in die Gunst ihrer Götter. Die christlichen Römer wiederum sahen in diesen Ereignissen eine Bestätigung ihres Glaubens in den wahren und einzigen Gott. So kam es schließlich, dass dem römischen Feldherrn und Caesar Konstantin in einem Traum ein Christus-Kreuz und der Schriftzug "IN HOC SIGNO VINCIS" (Unter diesem Zeichen wirst du siegen) vorgeschwebt haben soll. Er ließ daraufhin die Soldaten das Zeichen des Kreuzes im Schild führen und fügte es ebenso seinen Standarten hinzu.

Damals bestand im Römischen Reich eine "Vier-Kaiser-Herrschaft" (Tetrarchie) und Konstantin war, neben Maxentius, einer der beiden "Westkaiser". Konstantin zog im Jahre 312 gegen Maxentius in den Krieg. Unter dem Zeichen des Kreuzes und mit Hilfe der Christen besiegten Konstantins Truppen das zahlenmäßig weit überlegene Heer des Maxentius an der Milvischen Brücke vor Rom. Maxentius ertrank im Tiber. Er soll den Sieg mit neunzigtausend Fußsoldaten und achttausend Reitern gegen die hundertsiebzigtausend Mannen des Maxentius errungen haben. Als er am folgenden Tag auf das übliche Siegesopfer für den römischen Gott Jupiter verzichtete, war vielen Christen und heidnischen Römern klar, dass das Christentum sich nun endlich durchgesetzt hatte.

313 entschied Konstantin in Mailand zusammen mit Licinius, dem Kaiser im Osten, den Christen im ganzen Römischen Reich die Religionsfreiheit zu gewähren. Zwischen den Kaisern Konstantin und Licinius schwelte jedoch im Laufe der nächsten zehn Jahre ein erheblicher Konflikt. Berichten zufolge soll Kaiser Licinius überdies um 320 wieder die Christen verfolgt haben. Um 324 kam es dann zu einer großen und endgültigen militärischen Konfrontation zwischen den beiden Widersachern. Konstantin siegte und ließ Licinius töten. Ab 324 n. Chr. regierte er als absoluter Kaiser des Römischen Reiches. Unter seiner Herrschaft wurden mehrere bedeutende Kirchen in Rom, Trier, Bethlehem, Jerusalem und Konstantinopel erbaut. Im Jahre 325 wurde die christliche Religion zu einer offiziellen Religion des Reiches erklärt, bestärkt durch Konstantins Einberufung des Konzils von Nicäa noch im selben Jahr. Es gab fortan keine einschränkenden Gesetze für das Christentum mehr.

Es besteht unter Historikern kaum ein Zweifel, dass Konstantin (der Große) ein äußerst fähiger Staatsmann war, der mehr für das Christentum getan hat, als jeder andere römische Herrscher. Ebenso besteht Einigkeit darüber, dass seine Mutter Helena ein sehr frommer Christ wurde. Obwohl sich Konstantin noch kurz vor seinem Tod (337 n. Chr.) taufen ließ, meinen jedoch manche Historiker, dass er während seiner Amtszeit selbst kaum eine christliche Einstellung hatte. Als Konstantins zweite Frau, Fausta, seinen militärisch mehrfach verdienten Sohn Crispus im Jahre 336 beschuldigte, einen Komplott gegen Konstantin geplant und gleichzeitig eine Affäre mit ihr angestrebt zu haben, ließ Kaiser Konstantin seinen eigenen Sohn umgehend beseitigen. Als Konstantin dann ein Jahr später erfuhr, dass seine Frau offenbar gelogen hatte, ließ er sie öffentlich mit kochendem Wasser töten.

Neben dem westlichen Rom wählte Konstantin im Jahre 326 den Sitz einer zweiten Hauptstadt im Osten des Reiches. Es handelte sich um die alte, strategisch sehr vorteilhaft gelegene Stadt Byzantium. Bald war diese Stadt in aller Welt als Konstantinopel bekannt (heute als Istanbul in der Türkei bekannt).

Die folgenden Dynastien der Kaiser Valentinian und Theodosius I. setzten die politische Zielrichtung Konstantins fort. Als Folge entstanden zwei deutlich unterschiedliche Reichsgebiete.

Im Jahre 391 wurde das Christentum zur römischen Staatsreligion. Alle heidnischen Kulte wurden verboten. Kurz vor seinem Tod verteilte Kaiser Theodosius I. im Jahre 395 n. Chr. die beiden Reichsteile auf seine zwei Söhne Honorius und Arcadius. Fortan regierte Honorius das Weströmische Reich und Arcadius das Oströmische Reich.

476 n. Chr. setzte der Germane Odoaker den Kaiser des Weströmischen Reiches, Romulus Augustulus, ab und schickte ihn ins Exil. Das Weströmische Reich endete und das so genannte "Frühmittelalter" folgte in Westeuropa. Das Oströmische Reich bzw. das "Byzantinische Reich" ("Byzanz") sollte noch über Tausend Jahre währen.

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