Weltexploration und neue Austernarten
John McCabe

Die Renaissance war die Epoche der Welterkundung. Auch in diesem Bereich wurde auf das Wissen der Antike zurückgegriffen. Schon die Griechen vermuteten, dass die Welt eine Kugel ist. Der Grieche Aristoteles und der Römer Seneca erwogen sogar die Möglichkeit einer Westfahrt nach Indien. Der berühmteste Entdecker der Geschichte, Christoph Kolumbus (1451-1506), war zutiefst von diesen Thesen überzeugt. Im April 1492 erklärten sich Königin Isabella und König Ferdinand II bereit, eine derartige Entdeckungsreise mit drei Schiffen zu finanzieren - jedoch nicht ohne Kolumbus mit einer "Einkaufsliste" zu versehen, die u.a. "Perlen, Juwelen, Gold, Silber und Gewürze" aufführte. Statt Indien entdeckte er jedoch unwissentlich die Karibischen Inseln bzw. die Antillen. Zwar konnte er von seiner ersten Reise kaum mit großen Schätzen aufwarten, jedoch plünderte er genug Gold und verschleppte ausreichend Einheimische als Sklaven, um in Spanien einen Heldenempfang zu erfahren. Statt Perlen hatte er lediglich Geschichten für das Königshaus mitgebracht. Angeblich gab es reichlich Miesmuscheln und Austern, die von Perlen zeugten. Zudem erzählte er von Austern, die angeblich "an den Ästen der Bäume" wuchsen. 1493 begab er sich auf seine nächste Reise nach "Westindien". Diesmal ließ er zwischen Kuba und Jamaika Unmengen an Austern und Miesmuscheln sammeln. Eher enttäuscht stellte er fest, dass diese Schalentiere zwar "kulinarisch brauchbar" waren, jedoch keine Perlen enthielten. Erst auf seiner dritten Reise, die ihn bis zur Küste Südamerikas führte, entdeckte er die begehrten Perlen. Sie wurden von den Eingeborenen dieser neu entdeckten Gebiete als Schmuck getragen.

Als der englische Abenteurer und Entdecker Sir Walter Raleigh (1554-1618) nach seiner Rückkehr von Trinidad dem königlichen Hof (wie Kolumbus) von "Austern, welche auf Bäumen wachsen" Bericht erstattete, wurde er gründlich ausgelacht (zumal er bereits den Ruf hatte, in manchen Erzählungen seiner Fantasie freien Lauf zu lassen). Vermutlich dürfte es sich bei diesen "Baumaustern" um zwei Muschelarten gehandelt haben, die auf den stelzenartigen Wurzeln der Mangroven in den Binnengewässern der Karibik beheimatet sind. Die sog. Baum-Auster (Isognomon alatus) ist auch als "Tree Oyster" bekannt. Sie wird in den Südstaaten der amerikanischen Atlantikküste auch als "Coon Oysters" bezeichnet, da Waschbären (Racoons) sich bei Ebbe gerne an ihnen verköstigen. Diese kulinarisch belanglose Miesmuschelart ist keine Auster, obwohl ihre Form einer Auster zum Verwechseln ähnlich sieht. Daneben gibt es auch die bedeutende Mangroven-Auster (Crassostrea rhizophorae). Hierbei handelt es sich um eine echte Auster, die nicht nur Waschbären begeistert, sondern auch für Menschen einen wahren Leckerbissen darstellt. Diese Austernart wird u.a. in Jamaika und Brasilien auch heute noch kultiviert.

In diesem "Zeitalter der Auster" wurde "zwischenzeitlich" auch Nordamerika mit seiner füllhorngleichen Anzahl der großen Amerikanischen Auster (Crassostrea virginica) entdeckt. Die erste permanente britische Siedlung Jamestown (im heutigen US-Bundesstaat Virginia) geriet 1610 mit ihren Nahrungsvorräten in große Bedrängnis. Die einst vorteilhaften Handelsbeziehungen mit den einheimischen Indianern hatten sich zunehmend verschlechtert. Der Engländer Kapitän John Smith, der im Dienste des britischen Militärs in Europa und Afrika gedient hatte, ging militärisch hart gegen den Häuptling Powhatan und seine Indianer vor. Die Indianer stellten als Folge jegliche Handelsbeziehungen mit den Siedlern ein und hielten für die Nahrungssuchenden in den Wäldern sogar Fallen bereit. 1610 war Jamestown endgültig ausgehungert und geschichtlich ist sogar von Kannibalismus die Rede. Sechzig der Siedler wurden in einem letzten Akt verzweifelter Hoffnung ans Meer zur Mündung des St. James Flusses geschickt, um sich dort mit den Früchten des Meeres durchzuschlagen. Dies gelang weitaus besser als erwartet, da besonders die Austern eine ausgezeichnete Nahrungsgrundlage bildeten. Jamestown und die erweiterte britische Kolonie erholten sich langsam. Es folgte ein nahezu unerschöpflicher Strom neuer Einwanderer aus Europa, obwohl wenige Jahre später (22. März, 1622) über 300 Siedler, Männer, Frauen und Kinder (fast ein Viertel der Bevölkerung der Kolonie) erbarmungslos von den Indianern niedergemetzelt wurden.

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Die Geschichte der Austernkultivierung des 20. Jahrhunderts bis heute wie auch ihre Pioniere können Sie hier einsehen: Austernkultivierung

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