Die Vermehrung und das Wachstum der Pazifischen Auster
John McCabe
Pazifische Austern sind Hermaphroditen ("Zwitter"),
die im ersten Jahr als Männchen auftreten. Nach dem ersten
Jahr verteilen sie sich in der Austern Gemeinschaft als Männchen
oder Weibchen. Anders als die Europäische Auster (Ostrea
edulis), welche ihr Geschlecht im selben oder nächsten Jahr
verlässlich wieder wechseln kann, ändert sich das Geschlecht
der Pazifischen Auster im Allgemeinen nicht mehr. Weitere hermaphroditische
Wandlungen können zwar auftreten, gelten jedoch als sehr
selten. Die Anzahl der Männchen und Weibchen hat den Hang
zur Unproportionalität. Folglich kann es mehr Männchen
als Weibchen geben (oder auch umgekehrt). Dies wird nicht vom
Zufall bestimmt, sondern steht in einem komplexen Verhältnis
zu Umwelteinflüssen wie etwa Temperatur, Salinität
und dem Planktonnahrungsangebot. Ist beispielsweise Plankton
reichlich vorhanden, führt dies im Allgemeinen zu mehr Weibchen.
Zusätzlich vermuten manche Meeresbiologen, dass die Bestimmung
der männlichen und weiblichen Geschlechtsausrichtung zusätzlich
mit einem "chemischen Kommunikationssystem" verbunden
sein könnte, welches auf Pheromonen basiert.
Obwohl es bereits zwischen 17 und 28°C zum Laichen kommen
kann, vermutet man, dass die günstigste Laich-Temperatur
zwischen 19-23°C liegt. Ein Weibchen produziert ca. 50-100
Mio. Eier und kann in einer Saison ggf. auch mehrfach laichen.
Die Wissenschaftler Loosanoff und Davis brachten in ihrer Studie
(1952) die Quantität der Spermien in direkte Verbindung
mit der Menge des zu Beginn der Laichzeit in den Männchen
vorhandenen Glycogens.
Mit Hilfe des Schließmuskels werden die Eier
ruckartig (fünf bis zehn Mal pro Minute) ca. 30 cm weit
aus der Auster hinauskatapultiert. Im offenen Meer können
sie nun von den in etwa zeitgleich abgegebenen Spermien männlicher
Austern befruchtet werden.
Unter idealen Meeresbedingungen können sich 90-95% der
befruchteten Eier binnen 48 Stunden zu Larven entwickeln. Das
weitere erfolgreiche Heranwachsen der Larven ist von mehreren
Faktoren abhängig: Geeignete Mikroplankton-Nahrung, Wassertemperatur,
Wetter, Prävalenz
natürlicher Feinde und Salinität. Für bestmögliches
Laichen sollte die Meerestemperatur ca. drei Wochen lang über
20°C liegen. Liegt die Temperatur etwas darunter, verlangsamt
sich das Wachstum der Larven und erhöht damit die Chance,
natürlichen Feinden zum Opfer zu fallen. Selbst unter geeigneten
Gegebenheiten wird bestenfalls lediglich ca. 1% das Larvenstadium
überleben. Trotz der auf den ersten Blick unbedeutenden
Überlebenschance setzen sich die Pazifischen Austern mit
der schieren Menge der gezeugten Larven vielerorts erfolgreich
durch. Sogar in Küstengebieten wie etwa dem deutschen Wattenmeer.
Dort war sich der Großteil der Meeresbiologen 1986 beim
erstmaligen Kultivierungsbestreben der Pazifischen Auster einig,
dass die natürliche Vermehrung entweder undenkbar oder bestenfalls
äußerst geringfügig ausfallen dürfte. Im
Sylter Watt soll es inzwischen angeblich stellenweise über
100 wildwüchsige Pazifische Austern pro Quadratmeter geben.
Im Verlauf von ca. 10-20 Tagen haben sich die Larven zu bewimperten
Larven entwickelt. letztlich sind sie mit einem primitiven "Auge"
(das kaum mehr als hell und dunkel unterscheiden kann), einer
hauchdünnen Schale und einem winzigen "Fuß"
ausgestattet. Mit einer Länge von ca. 0.3 mm suchen sie
sich einen passenden Untergrund um sesshaft zu werden. Die Phase
des Niederlassens initialisiert eine enorm belastende Metamorphose
(Gestalt- und Funktionswandel) der Larve, der in Zuchtlaboren
vereinzelt sogar bis zu 90% zum Opfer fallen können. Sie
befestigen sich an einem geeigneten Untergrund mit Hilfe des
Fußes auf der linken Schalenhälfte. Diese linke (nunmehr
"untere") Schalenhälfte wird später in der
Entwicklung die typisch tiefe, bauchige Hälfte der Pazifischen
Auster. Rasch verschwinden viele Merkmale des Larvenstadiums
(wie z.B. der "Fuß") und werden durch die Bildung
von Kiemen und dem verstärktem Aufbau der Schale ersetzt.
In diesem Moment sind die einstigen Larven für den Rest
ihres Lebens an dieser Stelle sesshaft geworden. Sie gelten fortan
einfach als "Austernbabys" und werden auf Englisch
als "Spat" (auf Französisch als "Naissain")
bezeichnet. Binnen vier bis acht Wochen kann das Austernbaby
(von unter 1 mm) bis zu einer Größe von ca. 15 mm
heranwachsen.

A: Das Ei wird befruchtet. B: Frühe Zellenteilung unmittelbar
nach der Befruchtung. C: Fortgeschrittenes Zellenwachstum. D.
Ansatz zur Bildung einer hornartigen Schale. E: Wimpern bilden
sich und die Larve wird eigenständig mobil. Die Larven werden
nun als "Veliger" bzw. "Segelträger"
bezeichnet. F: Die Larve bildet einen Fuß, landet kurz
darauf auf geeignetem Substrat (auf z.B. einer Austernschale
oder einem Dachziegel) und klebt sich fest. Binnen weniger Stunden
startet die eigentliche Schalenbildung. Ein Austernbaby ist geboren!
G: Die Austernbabys wirken nach wenigen Wochen wie winzige Flecken
auf der Austernschale. Sie werden von Austernbauern als "Spat"
bezeichnet.
Filme
Die Larven vieler Muscheln ähneln sich in den Larvenstadien
unter dem Mikroskop von der Form her.
* Eiteilung(1064
kb)
* Larven
geschäftig unterwegs(1868 kb)
* Hungrige
Olympia-Austernlarve(717 kb)
* Fuß
der Olympia-Austernlarve(4088 kb)
* Olympia-Austernlarve
unterwegs im Plankton(9032 kb)
AVIs mit freundlicher Genehmigung des Point Whitney Shellfish
Laboratory, Brinnon, US-Bundesstaat Washington
Wachstum
Die Wachstumsrate der Austernbabys wird von vielen Faktoren
bestimmt. Haben sich viele Austernbabys in unmittelbarer Nähe
zueinander niedergelassen, so stehen sie in direkter Nahrungskonkurrenz
(vorwiegend Mikroalgen bzw. Phytoplankton) und wachsen entsprechend etwas
langsamer heran. Binnen eines Jahres erreichen die Austernbabys
eine Länge von 4-6 cm. Die maximale Lebenserwartung der
Pazifischen Auster wird auf ca. 20 bis 30 Jahre geschätzt.
Ab ihrem Larvenstadium kann ein Austernbauer normalerweise in
drei bis 4 Jahren eine handelsreife Pazifische Auster (zwischen
8-14 cm) erwarten. Die maximale Handelsgröße liegt
bei ca. 17-20 cm und stellt in vielen Kultivierungsregionen keine
Seltenheit dar. Allgemein sind diese Größen für
den Kochtopf gedacht (sie eignen sich nicht als "Schlürfer").
In Frankreich werden sie als "Sauvages" ("Wilde")
gehandelt. In USA ist diese Größe ("large",
"x-large") besonders in der asiatischen Küche
gefragt. Pazifische Austern über 30 cm gelten als sehr selten.
Siehe auch "Größen".
Siehe auch "Pazifische
Auster"
Die Austernschalen
* Links,
rechts, oben, unten, hinten und vorne
* Komposition
der Schale
* Verwertungen
der Austernschalen
* Perlmutt
Das verborgene Weichtier
* Anatomie
im Überblick
* Mantel und
Schalenbildung
* Schließmuskel
und Ligament
Vermehrung und Wachstum
* Pazifische Auster (Crassostrea gigas)
* Europäische
Auster (Ostrea edulis)
