Ein kleines Lexikon französischer Austernbegriffe
John McCabe
Ambulance (d'Huitres)
Flache, rechteckige Holzkästen in seichtem Meerwasser. Hier
werden jene Austernbabys zur Erholung ausgesetzt, die bei der
"Détroquage" verletzt wurden. Die Kästen
sind mit einem Deckel ausgestattet um natürliche Feinde
der Austern fern zu halten. Dabei handelt es sich lediglich um
einen passenden Holzrahmen, der mit einem netzartigen Material
versehen wurde. So kann Wasser- und Planktonaustausch den kleinen
Austern zu Gute kommen. Historisch betrachtet werden diese Kästen
typischerweise der Austerngegend Arcachon zugeordnet.
Affinage
"Affinage" beschreibt eine zusätzliche Etappe
der Austernkultivierung. Dabei werden bereits größtenteils
marktreife Austern gesammelt und dann in besonderen Becken (siehe
"Claires") oder bestimmten Gewässern ausgesetzt.
Sie werden zusätzlich Wochen oder gar Monate lang von den
Austernbauern gepflegt. Die Austern erhalten dadurch Verfeinerungen
im Bereich des Geschmacks, der Schalenform, Fleischfestigkeit
und der natürlichen Fleischfärbung. Beispielhaft dafür
sind die weltberühmten Marennes-Oléron-Austern (siehe
Marennes-Oléron)
bei der Veredelung der Pazifischen Auster (Crassostrea
gigas). Unter den Europäischen Austern (Ostrea
edulis) ist die Belon, die in besonderen Gewässern des
gleichnamigen Flusses verfeinert wird, weltberühmt. Sie
trägt danach öfters die zusätzliche Handelsbeschreibung
"Huîtres Plates affinées sur nos Parcs en rivière
de Bélon" (siehe auch Südbretagne).
"Affinage" wird in mehreren französischen Austerngebieten
betrieben.
Au grand air
Vor dem Versand erhalten viele französische Austern ein
spezielles Training zur Stärkung ihres Schließmuskels.
Etwa 10 Tage lang wird den Austern ihr natürlicher, durch
die Gezeiten verursachter Rhythmus abgewöhnt, indem sie
in sehr seichte Gezeitenzonen oder Becken mit Wasserpegelkontrolle
umgesiedelt werden. Sie werden gewissermaßen "an die
frische Luft" ("au grand air") gesetzt. Der Vorteil:
Dabei lernen sie auch während des Versands lange geschlossen
(und somit frisch und saftig) zu bleiben.
Belon (Bélon)
Mit Abstand die berühmteste Austernbezeichnung der Welt.
Sie stammt vom gleichnamigen Fluss der Gegend Finistère
in der Süd-Bretagne. Nur Europäische Austern (vorwiegend
aus Gewässern der Bretagne), welche in den besonderen Gewässern
dieses Flusses veredelt wurden, sind dieser Bezeichnung würdig.
Siehe auch "Südbretagne".
Bourriche
Ein spezieller Korb mit Deckel für den Versand von Austern.
Oft bestehen diese Körbe aus dünnen Holzlatten (manchmal
auch Weidenkörbe). Vor dem Versand werden die Austern per
Hand sachgerecht (also tiefe Schale nach unten) im Korb gestapelt.
Das Fassungsvermögen eines "Bourriche" ist unterschiedlich,
da abhängig von der Größe der Austern. Oft befinden
sich ca. 100 bis 144 Austern im Korb. An jedem Korb ist eine
gesetzlich vorgeschriebene Inhaltangabe angebracht, welche die
Mindestmenge der Austern, Herkunft, ihre Größe und
ihr Gewicht qualifiziert.
Calibres
Französische Größenqualifikationen der Austern.
Siehe "Größen".
Cavaliers
Jüngere Austern, die auf der Deckelschale älterer Austern
herangewachsen sind. Sie lassen sich nicht ohne die Zerstörung
der Schale einer der beiden Austern abtrennen. Derartige Austern
werden auch als "Jockeys" bezeichnet. Sie sind unter
Austernbauern unerwünscht. Siehe Bild.
Captage
Captage bezeichnet den gezielten Fang freischwimmender Austernlarven
mittels geeigneten Substrats. Beim Substrat kann es sich um klassisch
französische, kalküberzogene Ziegel, PVC-Plastikröhren,
Holzpfähle, Muschelschalen oder gekalkte Gitter, etc. handeln.
Siehe auch "Arcachon".
Chai à trier
Klassische Hütte der Austernbauern. Sie dient als Unterkunft
und/oder Arbeitsstätte. Oft sind gleich mehrere Hütten
nebeneinander in Reihen angeordnet und mit unterschiedlichen
Farbanstrichen versehen (insbesondere in der berühmten Austerngegend
Marennes-Oléron). Siehe Bild.
Chaulage
Chaulage bezeichnet das Kalken der Ziegel (Firstziegel), welche
später zum Fang der freischwimmenden Austernlarven im Meer
ausgesetzt werden. Dabei handelt es sich um eine spezielle Kalk-/Sandmischung.
Claires
Ein Oberbegriff für gepflegte und geschützte Wasserbecken,
wo marktreife Austern zur Verfeinerung ausgesetzt werden. Es
gibt unterschiedliche Arten dieser Verfeinerungsbecken und auch
unterschiedliche Verfeinerungsgrade. Sie dienen der Selbstreinigung
der Austern (Ausstoß von Sand, Schlamm und Algen) und setzen
dem Geschmack durch zusätzliche Veredelung die Krone auf.
Claires gibt es in mehreren Austerngebieten Frankreichs. Weltberühmt
sind die "Claires" des Gebietes Marennes-Oléron.
Siehe Marennes-Oléron.
Collecteurs
Materialien, die sich zum Fang der freischwimmenden Austernlarven
eignen. Dabei kann es sich um die (in Frankreich) traditionellen
gekalkten Ziegel, PVC-Röhren, gekalkte Gitter, Schiefer,
Holz, etc. handeln. Siehe auch Arcachon. Siehe Bild
Concession
Ein abgegrenztes Gebiet, das von einem Austernbauern zur Kultivierung
gepachtet wird.
Conchyliculture
Umfassende Bezeichnung aller Facetten jeglicher Muschelkultivierung.
Coursières
Kanäle in unterschiedlicher Größe, welche die
Trockenlegung der Kultivierungsbereiche bei Ebbe begünstigen.
Couteau à huître
Austernmesser. Siehe auch "Austernmesser"
Creuse
Bezeichnung der Pazifischen Auster (Crassostrea
gigas). Gleichbedeutend mit der Bezeichnung "Japonaise"
("Japanerin"). Sie stellt seit Mitte der 70er Jahre
des 20. Jahrhunderts über 90% der gesamten Austernproduktion
Frankreichs. Davor war die Portugiesische Auster ("Crassostrea
angulata") die Grundlage französischer Austernkultivierung.
Sie wurde jedoch von einer Austernkrankheit zwischen 1968 und
1972 in den französischen Küstengewässern fast
vollständig ausgerottet. Die Portugiesische Auster wurde
ebenfalls als "Creuse" bezeichnet und trug umgangssprachlich
den Beinamen "Portugaise" ("Portugiesin").
Siehe Europa
und Crassostrea
angulata
Crible
Ein maschinelles "Sieb", das dazu beiträgt die
unterschiedlichen Größen der Austernbabys zu sortieren.
Culture des huîtres
"La culture des huîtres" bezeichnet die "Austernkultivierung"
allgemein.
Heute kennt man in Frankreich in erster Linie drei Methoden:
* "Culture au sol" bezeichnet die Bodenkultivierung
(direkt auf dem Meeresboden oder etwas erhöht auf Brettern
und Gittern). Dabei handelt es sich sowohl um Kultivierung in
niedrigen Gewässern bei Ebbe (was auch manuell gesteuert
werden kann), als auch um die "Tiefwassermethode" ("En
eau profonde"). Diese ist auf offener See in ca. 5 bis 6
m Tiefe unabhängig von den Gezeiten (setzt Boote mit Schürfnetzen
voraus).
* "Surélevé" bedeutet "erhöhte
Kultivierung". Bei dieser Methode werden Netztaschen (sog
"Poches") mit Austern auf niedrigen Stahlgetstellen
deponiert und in der Gezeitenzone ausgesetzt.
* "Suspendu" bzw. "Elevage sur cordes" bezeichnet
eine Methode, bei der die Austern, an Leinen befestigt werden
damit sie von speziellen Rahmen (Getellen oder Gerüsten)
unter Wasser hängen können. Eignet sich besonders für
Gebiete mit unzuverlässiger Meerwasserbewegung bzw. für
Gebiete mit schwacher oder keiner Ebbe und Flut. Siehe auch "Mittelmeer".
Anzumerken ist, dass obige Methoden bei der Kultivierung auch
in Kombination eingesetzt werden können (z.B. erst Bodenkultur
und später Umsiedlung der Austern in Netztaschen auf Stahltischen).
Dégorgeoir
Allgemein handelt es sich bei einem Dégorgeoir (oder auch
"Bassin dégorgeoir") um ein rechteckiges Betonbecken.
Dort wird den in Plastikkörben sortierten und versandfertigen
Austern die natürlichen Voraussetzungen zur endgültigen
Selbstreinigung (Sand, Schlamm, Algen...) geboten. Dazu wird
reines Wasser eingepumpt. Diese Becken dienen auch als Frischhaltebecken
vor der Verpackung der Austern in die Körbe (Bourriches)
und der endgültigen Auslieferung. Diese Becken werden übrigens
auch als "Claires" bezeichnet.
Dédoublement
"Dedoublement" ("Teilung") bezeichnet einen
wichtigen Arbeitsschritt bei der Austernkultivierung in Säcken
("Poches"). Im Laufe der Zeit wachsen die Austern zu
einer Größe heran, mit der sie nicht mehr sachgerecht
in den Sack passen. Den Austern wird es zu eng. Die Austernbauern
verteilen nun den Inhalt des überfüllten Austernsacks
auf zwei (oder auch drei) Austernsäcke. Die Austern haben
nun genug Platz um ihre Nahrung optimal aufzunehmen und trutzige
Schalen zu bilden.
Détroquage
Der Arbeitsschritt der Entfernung der Austernbabys (von Hand
oder auch maschinell) vom Kultivierungs-Substrat (gekalkte Firstziegel,
PVC-Röhren, etc.) wird als "Détroquage"
bezeichnet. Siehe auch "Arcachon".
Gravette
Traditionelle Bezeichnung der Europäischen Auster ("Ostrea
edulis") aus der Bucht von Arcachon. Alternative Bezeichnung:
"Plate".
Japonaise
Siehe "Creuse".
Mannes
Praktische Arbeitskörbe (normalerweise rechteckig) aus Plastik
oder Stahl. Sie begleiten den Austernbauern bei vielen Arbeitsschritten
(Transportieren, Umlagern, Sortieren, Deponieren der Austern
in Klärbecken, Schalentransport...). Siehe Bild
1 und Bild
2
Naissain(s)
Bezeichnung für Austernbaby(s). Austern gelten ab dem Zeitpunkt
ihres Wachstums auf dem Kultivierungs-Substrat bis zum 12. Monat
als "Austernbabys".
Ostréiculteur(s)
Austernbauer(n).
Paquets
Mehrere Austern, die zu einem Klumpen zusammengewachsen sind,
werden als "Paquets" bezeichnet. Auch als "Pignes"
(Tannenzapfen) bekannt.
Parqueur(s)
Austernbauer(n). Alternative Bezeichnung: Ostréiculteur(s).
Pied de cheval
Besonders große Exemplare der Europäischen Auster
(Ostrea edulis)
werden als "Pied de cheval" (Pferdefuß) bezeichnet.
Das Gewicht kann über 300 g (bis zu 1,5 kg) erreichen. Sie
sind äußerst selten, heiß begehrt und teuer.
Ca. 100 -150 Tonnen werden aus französischen Gewässern
gefördert (vorwiegend mit Schürfnetzen in der Normandie
und der Bretagne). Weitere ca. 150 Tonnen werden von Frankreich
aus Spanien und Großbritannien importiert.
Pignot
Ein Holzpfahl, der die Grenze eines Anbaugebietes ausweist.
Pinasse
Ein kleines Segelboot aus Holz, das einstmals dem Austernfang
diente (später oft mit Dampf- und Dieselmotoren aufgerüstet).
Heute gelten sie als kostbare Besonderheiten und werden von Sammlern
restauriert, gehegt und gepflegt. Insbesondere die Bucht von
Arcachon ist für diese Austernboote bekannt.
Plate
Die Europäische Auster (Ostrea
edulis) wird als "Plate" bzw. "huître
plate" bezeichnet. Einst gab es reiche Vorkommen dieser
einheimischen Austernart an den Küsten Europas. In den 70er
Jahren vernichteten zwei Austernkrankheiten (Marteillia und Bonamia)
den Großteil der natürlichen Bestände. Heute
stellt sie lediglich etwa 1 - 4% der gesamten Austernproduktion
Frankreichs. Eine alternative Bezeichnung ist "Gravette"
(übliche Bezeichnung in der Bucht von Arcachon). Siehe auch
Ostrea Edulis
und Europa.
Plate (2)
Französische Bezeichnung für ein flaches Boot zum Austernfang.Siehe
Bild 1(weiße
Boot in der Mitte) und Bild
2 (kleine Arbeitsboot beladen mit Poches).
Poche
Ein Sack bzw. eine Tasche aus robustem, gitterartigem Kunststoffgewebe
( Siehe Bild)
für die Austernkultivierung. Es gibt zweierlei Poche-Designs:
Flach (siehe Bild),
wobei die Enden auch öfters jeweils mit einer längenweise
eingeschnittenen PVC-Röhre verschlossen werden und kastenartig
(siehe Bild -
das rechte Ende der Poche ist noch offen). Alternative Bezeichnung:
"Pochon".
Portugaise
Die umgangssprachliche Bezeichnung der Portugiesischen Auster
("Crassostrea angulata") ist "Portugaise"
("Portugiesin"). Siehe "Creuse". Siehe "La Portugaise".
Sauvage
Eine besonders große Pazifische Auster (Crassostrea gigas)
wird im französischen Austernhandel als "Sauvage"
bezeichnet. Diese "Wilden" sind jedoch keine Seltenheit.
Sie eignen sich zwar nicht besonders zum Schlürfen, stehen
jedoch den üblichen Handelsgrößen geschmacklich
nicht nach. Sie sind im wahrsten Sinne des Wortes maritime "Austern-Steaks"
und bereichern so manches Rezept. Siehe Bild
(die kleine Auster rechts unten ist ca. 8cm groß)
Table à caire-voie (Tables à claire-voie
surélevées)
"Table a caire-voie" bezeichnet einen niedriges Gestell
("Tisch") aus Stahlrohren (ca. 50 cm hoch und 3 m lang).
Auf diesem Tischen liegen die Austernsäcke ("Poches")
in der Gezeitenzone. Die "Poches" werden in strömungsreichen
Gebieten an den Tischen befestigt. Sie müssen in regelmäßigen
Abständen von Algenwuchs befreit werden. Um ein Zusammenwachsen
der Austern zu verhindern "schlagen" Austernbauern
die Säcke und wenden sie.
Europa
* Frankreich
** Die Normandie
** Die Nordbretagne
** Die Südbretagne
** Das westliche
Mittelgebiet
** Marennes-Oléron
** Arcachon
** Mittelmeer-Raum
*** Kleines Lexikon französischer Austernbegriffe