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Die Austernbauern
John McCabe
Austernbauern gelten im Sinne des Umweltschutzes unter Umständen
als die wichtigsten Bauern. Sie wachen gemeinsam mit den Meeresbiologen
über unsere Küstengewässer und Meere. Schädliches
Abwasser der Industrie, Bevölkerung und Landwirtschaft wird
von jedem Austernbauern als der Nemesis der Kultivierung gefürchtet,
der die Existenz der Auster am meisten gefährdet. Austernbauern
hegen und pflegen dieses kleine, jedoch mächtige Kraftpaket,
das ca. 200 Liter Meerwasser pro Tag filtern kann. Jeder Auster,
die wir heute genießen, könnten bis zu 35 Arbeitsschritte
eines Austernbauers vorangegangen sein. Ist das Meerwasser durch
Umweltverschmutzung übermäßig vergiftet, dann
stirbt die Auster. Als Domino-Effekt sterben gleichzeitig auch
die Lebewesen und Pflanzen, die von dem gefilterten (nunmehr
lichtdurchlässigen) Wasser der Austern abhängig sind.
Neben den Austern werden natürlich auch die Fische vergiftet.
Beklagt sich also ein Austernbauer über das mangelhafte
Wohlbefinden oder gar Sterben seiner Lieblinge, dann ist es höchste
Zeit hellhörig zu werden, egal ob Austernliebhaber oder
nicht. Es dürfte um weit mehr gehen, als lediglich das Ausbleiben
der Austern bei unserem Fischhändler. Der potentielle Kollaps
der gesamten Meeresökologie der betroffenen Küstenregionen
könnte die Folge sein.
In unseren
Vorstellungen des typischen Bauern in der Landwirtschaft fällt
uns gleich das romantische, frühmorgendliche Krähen
des Hahnes ein, das einen neuen Arbeitstag einläutet. Für
einen Austernbauern gibt es kein "Kikeriki". Das Meer
richtet sich nach den mächtigen Kräften des Kosmos
und liefert dem Austernbauern einen unregelmäßigen
Stundenplan. Austernbauern müssen sich vorwiegend nach den
sich ständig ändernden Gezeiten richten, um ihre kostbaren
Schützlinge sachgerecht zu hegen. Jeder Tag ist anders.
Da Ebbe und Flut den Arbeitsrhythmus bestimmen, ist das zeitliche
"Fenster" der Austernpflege auf ca. 6 Stunden begrenzt,
deren Tageszeit sich täglich verschiebt. Es kann folglich
auch zu Nachtschichten kommen.
Die Gewässer der Küstengebiete können saisonbedingt
zudem sehr kalt sein. Im Winter sind in mehreren Gebieten sogar
dicke Neoprenanzüge angesagt, da die Wassertemperatur manchmal
einem Grad Celsius entsprechen kann. Ob Sommer oder Winter, die
Austern müssen ständig von Algen gereinigt und vor
den oft zahlreichen natürlichen Feinden geschützt werden.
Je nach Bodenbeschaffenheit der Anbaugebiete setzen Austernbauern
unterschiedliche Kultivierungsmethoden
ein. Die Austern vieler Küstengegenden werden in Netztaschen
(sog. "Poches") kultiviert, welche auf niedrigen Eisentischen
in den Gezeitenzonen liegen. Auf diesen Tischen (ca. 3m lang)
liegen die "Austernsäcke" dann ca. 50cm über
dem Meeresboden. Die Austern in diesen "Poches" sind
daher nicht dem verschlackten Wasser unmittelbar über dem
Meeresgrund ausgesetzt. Sie sind sicher vor starken Strömungen
oder Stürmen und genießen obendrein einen sehr guten
Wasser- und Sauerstoffaustausch. Diese Säcke müssen
jedoch regelmäßig durchgerüttelt, gedreht und
gewendet werden, damit die Austern in ihrer natürlichen
Kalkschalenbildung nicht untereinander oder mit dem Plastikgewebe
der Säcke zusammenwachsen. Die scharfen Kanten der Austernschalen
durchdringen regelmäßig die Schutzhandschuhe der Austerbauern,
so dass die dadurch verursachten Wunden dem Salz des Meeres ausgesetzt
sind.
Obwohl wir bei einem Preis von ein bis zwei Euro für
eine einzige Auster
geneigt sein könnten von "reichen Austernbauern"
zu sprechen, handelt es sich beim überwiegenden Teil der
Austernbauern dieser Welt um Menschen, die mit sehr harter Arbeit
ein eher bescheidenes, bürgerliches Dasein bestreiten. Des
Öfteren benötigen Austernbauern einen zweiten Job als
zusätzliche Einnahmequelle um zu überleben. In Frankreich,
Irland, USA und
Asien handelt
es sich oftmals um kleine Familienbetriebe, in denen die ganze
Sippe zur Einkommenssicherung mitwirken muss. Oft verkaufen Austernbauern
ihr Produkt ohne Zwischenhändler direkt an die Endkunden
in ihrer Umgebung, zuweilen auch an große Austernunternehmen,
welche die Ware wiederum im Inland oder international weiterverkaufen.
Bedenkt man weiter, dass sich sogar die verhältnismäßig
schnell heranwachsende Pazifische Auster bei guten Voraussetzungen
gerne zwei bis drei Jahre Zeit lässt, ehe sie das handelsübliche
Mittelgewicht von ca. 80g erreicht hat, kann man folgern, dass
bei der Austernzucht kaum das "schnelle Geld" zu holen
ist. Wer auf die Zucht der Europäischen Auster oder der
Olympia Auster setzt, muss in die Hege und Pflege seiner Austern
einige Jahre mehr investieren, ehe sie Handelsreif sind.
* Einleitung
* Die Pioniere
* Die Austernbauern
* Kultivierungsmethoden
** Bodenkultivierung
** Pfostenkultivierung
** Tischkultivierung
** Leinenkultivierung
** Flosskultivierung
* Zucht
** Meeresbiologische
Zuchtlabore
** Triploide Austern

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